Hermann Spieckermann, «Suchen und Finden; Kohelets kritische Reflexionen», Vol. 79 (1998) 305-332
Seeking and finding is a theological concept which from the time of the exile is found in texts stamped by prophetic influence. It expresses impressively God's saving movement towards his scattered people and the return of the people to its God. Qohelet knew this theological heritage and reflected on it critically in the light of his own presuppositions. Thus he speaks of a seeking that is imposed on man, which is not rewarded by any finding. God makes the finding impossible, doubtless because he himself has (in vain?) become a seeker (cf. Qoh 3,10-15). On the other hand where Qohelet knows of a finding, what is found is a doubtful and depressing gift (cf. 7,23-29). The futility of seeking is reflected in what is found. That Qohelet can finally speak of finding already hints at its particular characteristic. It is finding as rejection of seeking and as affirmation of confidence in a world that is God's unfathomable work. It is a hope of finding that does not indeed bring knowledge but some good as a share to be shared (cf. 11,1-6).
aber r#$y zu sein, ist in der Weisheit immerhin eine hohe Auszeichnung 40. Wie paßt sie zu der generellen Verurteilung von Frau und (mit der bekannten Abstufung) Mann in 7,26-28? Man kann auf den zweiten Teil des abschließenden Urteils in 7,29 verweisen. Gottes gerades Geschöpf sucht mit Vorliebe die krummen Wege. Die "vielen Künste" (twnb#$x) 41, von denen die Rede ist, können nicht ohne Anspielung auf das zweimalige Nwb#$x (7,25.27) gehört werden, das in diesem Zusammenhang soviel wie "Ergebnis" des Suchens meint, nämlich des Suchens nach Weisheit und Erkenntnis. Der Mensch, das gerade Geschöpf, macht aus seinem eigenen Vorsatz zum Nwb#$x die twnb#$x. Endet seine Weisheitssuche in der Suche nach krummen Wegen?
Wollte man hier zu fragen aufhören, hätte man das Fragen zu früh beendet. Wie steht es um ein gerades Geschöpf, das krumme Dinge denkt, wenn im Blick auf Gott vorab in Koh 7,13 gefragt worden ist: "Wer kann gerade machen, was er krumm gemacht hat?" Muß der Mensch nicht geradezu gottgewollt krumm werden? Wer macht in der unergründlichen Tiefe die Frau zur Todesbitterkeit und den verständigen Mann zur absoluten Rarität? Derselbe, der beide gerade erschaffen hat? Oder Gott und Mensch in krummer Koalition?
Man kann hier nur fragen. Die Äußerungen Kohelets ergeben kein stimmiges Ganzes. Nicht, weil verschiedene Hände mit unterschiedlichen Intentionen eine dissonante literarische Einheit geschaffen hätten, sondern weil das Ganze keiner Erkenntnis zugänglich ist und deshalb nur die unvereinbaren Teile zusammengestellt werden können. Das Resultat dieser erneuten Suche nach Weisheit ist jedenfalls offenkundig: Das Suchen zeitigt ein Finden, das keine Erkenntnis bringt, sondern nur die erneute Erkenntnis der Erkenntnisverweigerung. Das Finden bringt nicht weiter, weil es den Menschen auf sich selbst in denkbar negativster Selbsteinschätzung zurückwirft und Gott zwischen krummem und geradem Tun in unerreichbarer Ferne und unergründlicher Tiefe undeutlich werden läßt.