David Volgger, «Die Adressaten des Weisheitsbuches», Vol. 82 (2001) 153-177
This article examines the positions of scholars with regard to the addressees of the Book of Wisdom. It turns out that, generally speaking, neither ‘Pagans’ nor ‘Jews’ are the recipients of the Book of Wisdom. If Wisdom cannot be considered primarily a political work, the Book’s instruction to its addressees, ‘Kings and Rulers’, seems rather to point to a literary model in ancient Jewish texts from the 1st century B.C. to the 1st century A.D. Our knowledge of the primary recipients of the writings of Philo of Alexandria and Flavius Josephus confirms this. The themes of ‘conversion’ and ‘changing one’s approach’ give these texts, especially the Book of Wisdom, a very particular orientation. Appropriate addressees are above all pagans who are well-off and culturally involved, and who show an interest in Jewish traditions.
göttlichen Gericht verantworten muß und sich darin auf das Erbarmen Gottes angewiesen sieht (12,22).
Geht man davon aus, dass der Abschnitt Weish 11,15-12,27 als hermeneutische Lesehilfe für die gesamte Paradigmenreihe 11,1-14; 16,1–19,22 in den Text eingefügt ist, so leuchtet die zentrale Bedeutung der Umkehrthematik für den gesamten dritten Abschnitt des Buches Weish ein. Das Faktum der Textwelt Ex-Dtn, die Befreiung der Israeliten aus der Hand der Ägypter, ist dem Autor vorgegeben. Seine besondere Leistung wird wohl darin zu sehen sein, dass er dieser Textwelt eine systematisch geordnete Paradigmenreihe abgewinnen kann, die nach dem Grundsatz funktioniert, dass ein und dieselbe wirkmächtige Naturgewalt für Israel eine Wohltat, für seine Feinde Untergang bedeutet. Die wahre Erkenntnis der Schöpfung bedarf daher nicht nur der genauen Analyse des Phänomens, sondern auch desjenigen, der dieses Phänomen bewirkt. Umkehr, Umdenken bedeutet in diesem Kontext Erkenntnis des lebendigen Gottes und seiner Werke. Der Dreh- und Angelpunkt für alle Menschen ist der Gott, der sich den Seinen zu erkennen gibt66. Wendepunkt aller Gotteserkenntnis ist diese göttliche Weisheit, die sich den Gerechten offenbart. Davon ist vor allem im 2. Hauptteil des Weisheitsbuches (7–9) die Rede. Dass in diesem Zusammenhang nicht direkt von ‘Umdenken/Umkehr’ die Rede ist, braucht nicht zu verwundern, da in diesem Abschnitt der Weise selbst der göttlichen Weisheit ein ‘Loblied’67 anstimmt bzw. um die Weisheit betet (Weish 9).
Die Überlegungen zu Weish 11,5–19,22 helfen wiederum, den Adressatenkreis von Weish zu charakterisieren. Zunächst muß gerade auch in diesem Abschnitt auf die universale Dimension der Textgestaltung hingewiesen werden. Die konkrete Geschichte des jüdischen Volkes erhält durch die hermeneutische Lesehilfe in Weish 11–12 (13–15) eine universal-menschliche Aussagedimension. Alle Menschen werden in den Wirkkreis des barmherzigen Gottes gestellt. Die sieben Beispiele aus der Geschichte Israels, die die zentrale Bedeutung der Gotteserkenntnis angesichts der Erklärung der allen Menschen zugänglichen Naturerscheinungen betonen, dienen dazu, den Sinn der Strafe Gottes zu verdeutlichen. Es geht darum, allen Menschen die Umkehr, das Umdenken zum wahren Gott zu ermöglichen (vgl. Weish 13–15).