Dieter Böhler, «Jesus als Davidssohn bei Lukas und Micha», Vol. 79 (1998) 532-538
This article argues that Luke traces Jesus to David through Nathan because Luke wanted to avoid relating Jesus to David through the sinful line of Salomon. Nathan, related to a pre-Jerusalem period of David offers Luke the chance to link Jesus to David through Bethlehem, through Mic 5,1.
Mich 4,14 schließlich thematisiert die Belagerung Jerusalems und den schmählichen Untergang des Jerusalemer Königtums:
Jetzt ritze dich wund, Tochter der Horde 13! Belagerung setzte Er gegen uns. Mit einem Stock werden sie schlagen auf die Wange den Richter Israels. (Mich 4,14)
Jerusalem, die Tochter Zion, wird aufgefordert, Trauerriten zu vollziehen, weil sie belagert ist. Die Belagerung wird zur Eroberung führen, ja sogar dazu, daß der König von Juda 14 in die Hand der Belagerer fällt 15. Das Szepter (+b#$) wird ihm genommen. Mich 4,14 prophezeit das schmachvolle Ende des judäischen Königtums, der herrschenden Dynastie. Wie im Vorangehenden schon die Exilierung (4,9-10) und die feindliche Völkerkoalition (4,11-13) als Zukunftschance für die Tochter Zion interpretiert wurden, so ist auch die für Jerusalem "jetzt" traurige Erfahrung des Untergangs der davidischen Dynastie in Gottes umfassenderem Plan ein positives Element. Mich 5,1 spricht aus, wozu Gott dieses Ende der alten Monarchie nutzen wird:
Du aber, Betlehem Efrata, klein unter den Tausendschaften Judas, aus dir wird mir (einer) hervorgehen, um Herrscher zu sein in Israel; und seine Herkunft (liegt) in früher Zeit, in längst vergangenen Tagen. (Mich 5,1)
Die alte Dynastie tritt ab und macht einer Neugründung Platz, einer Neugründung aus David zwar, aber nicht in Anknüpfung an die abgewirtschaftete Dynastie von Jerusalem, sondern im Rückgriff auf die vordynastischen Anfänge, auf den Betlehemiter David selbst.
Lukas hält nach Lk 1,32-33 an der Verheißung an David (2 Sam 7) fest. Zugleich leitet er Jesus aber nur von David selbst, nicht von der davidischen Dynastie her (Lk 3,23-31). Damit führt er genau die "Messiasidee" von Mich 5,1 aus, und wir haben in diesem Vers die Antwort auf unsere Eingangsfrage: Warum konstruiert Lukas Jesu Davidssohnschaft unter Ausschluß Salomos und der davidischen Dynastie über eine Seitenlinie? Weil nach Mich 5,1 der Messias zwar ein Davidide, aber kein Abkömmling der 587 abgewirtschafteten Dynastie sein soll. Daher vermied Lukas den Weg über Salomo und verband Jesus über eine unbedeutende Seitenlinie mit David.