Marius Reiser, «Numismatik und Neues Testament», Vol. 81 (2000) 457-488
The first part gives some basic information on Greek and Roman coinage and the significance of numismatics for historical studies. The second part draws an outline of Jewish autonomous coinage, mainly in hasmonean times, and the rebell-coinage of the two revolts AD 66-70 and 132-135. The third part deals with the coinage of the Herodians and the Roman procurators including a section on the Tyrian coinage, which was the only one accepted by the temple of Jerusalem. All the coins mentioned in the NT are reviewed with an eye to the denominational system, to which they belong: Roman or Greek? The last part is devoted to prices, wages, and sums of money as found in the NT. The items are compared to the data in other sources. It ist argued that numismatics should become an integral part of biblical introduction.
durchweg griechische Aufschriften tragen und mit ihren Münzbildern und Legenden ganz bestimmte Ideen propagieren. Die restaurativen Ziele der beiden jüdischen Aufstände gegen Rom werden nirgends anschaulicher als in ihrer Münzprägung. Die Einschätzung des Pilatus als Judenhasser ist mit numismatischen Argumenten unterstützt worden, die sich jedoch als nicht stichhaltig erwiesen. Das alles ist für die "Neutestamentliche Zeitgeschichte" von großer Bedeutung und müßte auch bei Neutestamentlern mehr Interesse für Numismatik wecken, als das bisher der Fall ist.
Numismatische Kenntnisse sind aber nicht nur zur Erforschung und Darstellung des neutestamentlichen Umfelds notwendig, sondern auch für die Exegese insbesondere der synoptischen Evangelien. Nur die Numismatik kann erklären, was die in einem literarischen Text erstaunliche "Wechselkursangabe" von Mk 12,42 besagt und um welche Münzen es sich bei Quadrans und Lepton handelt; erst numismatische Erläuterungen enthüllen den ganzen Witz der Antwort Jesu auf die Steuerfrage (Mk 12,13-17); ohne numismatische Erklärung bleiben die Nominal- und Geldangaben in den Evangelien stumm. Die 10 000 Talente im Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht werden oft als ganz phantastisch erklärt; Vergleiche zeigen jedoch welche "Könige" tatsächlich mit solchen Summen umgingen. Auch bei der Erklärung des "Grünspans" an Gold und Silber (Jak 5,3) hilft die Numismatik: Der Autor denkt an Falschgeld, das nur einen dünnen Überzug von Gold oder Silber hat138.
An der Aktion Jesu im Tempel bleibt ohne numismatische Kenntnisse manches unverstanden. Wozu waren die Geldwechsler da? In der exegetischen Literatur liest man zum Teil bis heute abenteuerliche Erklärungen wie: Sie wechselten "ausländische Währungen" in "Tempelwährung" um oder gar Münzen, die gegen das Bilderverbot verstießen, in bildlose Münzen. Wenig bekannt ist offenbar die Tatsache, dass die jüdischen Schekel, die der Tempel allein akzeptierte, tyrische Tetradrachmen mit dem Bildnis des Melkart-Herakles waren, die, wenn Y. Meshorer recht hat, zur Zeit Jesu von den jüdischen Autoritäten selbst geprägt wurden. Es ist von daher nicht ausgeschlossen, dass Jesu Aktion im Tempel auch ein Protest gegen die Duldung von Götzenbildern im Tempel selbst war.