Beat Weber, «Zur Datierung der Asaph-Psalmen 74 und 79», Vol. 81 (2000) 521-532
This article re-examines the dating of two Psalms of lamentat (74 and 79) in the light of the Exile. The author’s work on the Psalms of Asaph (76, 77 and 78) convinced him that these psalms result from the events which occurred around 721 B.C. (the fall of the Northern Kingdom) and around 701 B.C. (the Assyrian attack on Jerusalem), especially because the Asaph Psalms not only appear to have been compiled but also show a strong group identity. This re-examination shows that Psalm 74, just like Psalms 76–78, which were studied previously, dates from the time of the Assyrian hegemony and that this Psalm laments the destruction of the sanctuaries in the Northern Kingdom (especially at Bethel). On the other hand the exilic origin of Psalm 79 is to be maintained. The author of Psalm 79 was acquainted with Psalm 74, which had been re-interpreted in the Exile, and was likewise in contact with the Asaph guild, namely with those who were responsible for the exilic composition of their psalm group.
von Bäumen im (Zedern?-)Wald verglichen wird (VV. 5-6), ebenso in assyrische Zusammenhänge rund um die Geschehnisse von 701 v. Chr. wie das Schmähen des Gottes Israels durch die Feinde. Es ist von daher wahrscheinlich, dass Ps 74 ursprünglich die Zerstörung der (z.T. alten) israelitischen Heiligtümer durch die assyrischen Truppen in der zweiten Hälfte des 8. Jh.s v. Chr. und die Aufpflanzung ihrer religiösen Symbole (vgl. 2 Kön 17,29-33) im Blick hatte. Wo von ihnen in Einzahl gesprochen wird, ist am ehesten an das Heiligtum in Bethel zu denken46. Wie bereits im Zusammenhang der asaphitischen Pss 76 und 78 vermutet47, könnten auch für die Abfassung von Ps 74 (levitische) Kreise aus dem Nordreich, die nach dessen Fall in Jerusalem Zuflucht gefunden haben, verantwortlich sein.
Als Volksklagepsalm, der ursprünglich den Fall des Nordreichs bzw. seiner Stätten der JHWH-Verehrung verarbeitete, bot sich Ps 74 nach dem Fall des Südreichs zur Neuaktualisierung gleichsam an. Die Worte waren für eine Relecture flexibel genug, um auch dieses Desaster vor Gott zu beklagen. So konnte etwa die ingressive Aussage von JHWHs Wohnsitznahme auf dem Berg Zion in V. 2c ohne Texteingriff zur resultativen Beklagung einstigen Wohnens werden. Die verschiedenen Heiligtums-Bezeichnungen liessen sich ohnehin leicht auf den Zions-Tempel übertragen. Ob bei der Adaption kleinere Eingriffe vorgenommen wurden, lässt sich nicht mehr entscheiden48.
Anders ist der Sachverhalt im Blick auf Ps 79 zu beurteilen, wo die Aussagen der Zerstörung direkt auf Jerusalem bezogen sind (V. 1c, vgl. auch V. 3ab). Hier wird man von einer Entstehung in der (judäischen) Exilszeit auszugehen haben. Dieser andere Zeitrahmen als bei Ps 74 zeigt sich durch die Erwähnung feindlicher "Nachbarn" einerseits (VV. 4.12) und der Vergebungsbitten im Blick auf die eigenen Sünden wie auch die Freveltaten der Vorfahren (VV. 8-9) andererseits an. Zudem fehlt in Ps 79 der Rückgriff auf heilsgeschichtliches Gründungsgeschehen. Die immer auch gesehenen Gemeinsamkeiten der Pss 74 und 79 wird man mit am besten mit der Gemeinsamkeit des Überlieferungskreises zu erklären haben. In der wohl levitischen Asaph-Gruppe werden "ihre" Psalmen gesammelt und überliefert worden sein. So dürfte Ps 79 in Kenntnis und in aktualisierender Anlehnung an Ps 74 entstanden sein. Die Relecture von Ps 74 hat nicht nur diesen Psalm neu gewichtet, sondern auch zur Neutextung eben dieses Ps 79 geführt. "Fingerabdrücke" von Ps 74 in Ps 79 findet man — abgesehen von der Gattung "Volksklage" — in den Zerstörungsaussagen (vgl. die Modifizierung der "Trümmer"-Aussage von 74,3a in 79,1c) und in den Feind-Schmähungen (Prx, vgl. 74,10a.18a.22b mit 79,4a.12b). Daneben findet sich in Ps 79 Phraseologie, die über Ps 74 hinaus typisch für die Gruppe der Asaph-Psalmen insgesamt ist. Zu erwähnen ist das kollektive Gepräge ("wir"), wozu auch die "Hirte-Herde"-Motivik gehört, weiter die "Namens"-Theologie (vgl. u.a. 74,10b.18b.21b mit 79,9b) die Begriffe des "Gedenkens" (rkz, vgl. 74,2a.18a.22b.23a mit 79,8a) und