Boris A. Paschke, «Die damnatio und consecratio der zwei Zeugen (Offb 11)», Vol. 89 (2008) 555-575
With regard to the prophecy of the death, desecration, resurrection, and ascension of the two witnesses (Rev 11,7-13) most exegetes reckon with a Jewish background. However, the Jewish parallels they refer to stem from different works, contexts, and epochs. Some exegetes also consider the passion,
resurrection, and ascension of Jesus the background of Rev 11,7-13. However, the itinerary of Jesus (as presented in the New Testament) significantly differs from the events described in Rev 11,7-13. The present article suggests the Roman damnatio and consecratio as an alternative (or at least complementary) historical background for Rev 11,7-13. In contrast to both the Jewish and Christian traditions/sources, this background is both encompassing and
coherent. Thus, the Roman damnatio and consecratio should be taken into account as an exegetical framework for Rev 11,7-13.
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antiken Berichten über die Verbrennungen bzw. Himmelfahrten
konsekrierter Kaiser vergleicht. So ist hier weder von einer leiblichen
Auferstehung noch von einer leiblichen Himmelfahrt der Kaiser die
Rede. Nach römischer Vorstellung stieg — neben bzw. mit dem
Adler(97) — lediglich der Rauch (98), die Seele (Suet. Caes. 88: anima)
oder das Abbild (Suet. Aug. 100.4: effigies) eines verbrannten konse-
krierten Kaisers in den Himmel empor.
Insofern ist es naheliegend, dass der Autor der Johannesoffen-
barung die Himmelfahrt der zwei Zeugen bewusst als Ãœberbietung der
römischen consecratio dargestellt hat, um so die Überlegenheit des
qeov" tou' oujranou' (Offb 11,13) bzw. seiner Diener über das Imperium
Romanum und die römischen Kaiser zu betonen.
Diese Ãœberlegenheit kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass die
Zeugen, obwohl sie zunächst ermordet und geschändet wurden,
schließlich dennoch siegreich auferstehen und zum Himmel aufsteigen.
Dieser Triumph wäre nach römischer Vorstellung, in der sich damnatio
und consecratio gegenseitig ausschlossen, undenkbar gewesen.
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Anhand von literarischen Quellen aus der Antike wurde im
vorliegenden Artikel auf die enge Parallelität zwischen Offb 11,7-13
und der römischen damnatio bzw. consecratio hingewiesen. Im
Gegensatz zu sowohl (a) den verstreuten jüdischen Parallelen als auch
(b) den neutestamentlichen Texten über die Passion, Auferstehung und
Himmelfahrt Jesu eignen sich diese beiden zusammen gehörenden
römischen Maßnahmen als ein umfassender und kohärenter historischer
Hintergrund für die in Offb 11,7-13 gemachten Voraussagen. Von daher
wäre es gut denkbar, dass sich der Autor der Johannesoffenbarung bei
der Beschreibung des demütigenden Todesschicksals (Offb 11,7-10)
sowie der siegreichen Auferstehung/Himmelfahrt der zwei Zeugen
(Offb 11,11-13) an dem Kontrast zwischen römischer damnatio und
consecratio orientiert hat. Insofern sollten Ausleger die damnatio und
consecratio als Erklärungsmodell für Offb 11,7-13 in Erwägung ziehen,
wobei es durchaus möglich ist, dieses Erklärungsmodell nicht als
(97) Vgl. KLAUCK, Umwelt II, 48; siehe auch die Innenseite des Titusbogens
in Rom sowie römische Münzen mit consecratio-Reversen.
(98) Vgl. CLAUSS, Kaiser und Gott, 363 (mit Anm. 41).