Klemens Stock, «Die Inspiration der Heiligen Schrift nach dem Johannesevangelium», Vol. 96 (2015) 525-549
Taking as a point of reference the recent document of the Pontifical Biblical Commission, Inspiration and Truth of Sacred Scripture, this article examines how the Gospel of John gives evidence of its inspiration by having its origin from God. Every reference to God is made through the person of Jesus. Therefore, the relationship between Jesus and his disciples is of fundamental importance for understanding the origin of this Gospel. Whereas abstract statements about inspiration can sometimes lead the reader in a false direction, the testimony of the Gospel itself is able to foster a suitable way of reading and approaching the Sacred Scriptures.
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zu Gott dem Vater und seine Bedeutung für die Menschen (vgl.
1,14; 2,11). Der Glaube der Jünger an Jesus gemäß seiner Herrlichkeit
ist konstitutiv für ihre personale Beziehung zu Jesus und für ihr
Zeugnis, ob es nun mündlich oder schriftlich gegeben wird.
Von diesem Verhältnis zwischen Jesus und den Jüngern her
können wir fünf Kennzeichen der Inspiration für das Johannes-
evangelium formulieren. Sie hat einen dreidimensionalen und per-
sonalen Charakter und sie ist durch die Beziehung zum Heil, zur
Wahrheit und zu ihrer dritten Dimension gekennzeichnet. Der drei-
dimensionale Charakter zeigt sich darin, dass das, was Gott durch
Jesus den Jüngern mitteilt, von vorneherein für ihr Zeugnis, für die
Weitergabe an alle Menschen bestimmt ist. In der personalen
Beziehung zu Jesus, im ‘Raum’ seiner Liebe und ihres Glaubens,
erfahren die Jünger das Wirken des dreifaltigen Gottes. Durch die
genannten Beziehungen wird sichtbar, dass die Inspiration nicht ein
formales, abstraktes, isoliertes Geschehen ist, das mit beliebigen
Inhalten verbunden sein kann. Ihre Beziehung zum Heil zeigt, dass
sie als direktes und inneres Ziel das Leben und das Heil der
Menschen hat. In ihrer Beziehung zur Wahrheit wird sichtbar, dass
sie auf Gott selber und sein Verhältnis zu den Menschen und auf
die Menschen und ihr Verhältnis zu Gott bezogen ist. Die Beziehung
zu ihrer dritten Dimension zeigt, dass das inspirierende Wirken des
dreifaltigen Gottes nicht auf die Jünger und den Verfasser dieser
Schrift beschränkt ist, sondern das Wirken Gottes an allen Menschen
und zu allen Zeiten kennzeichnet, wo immer es um die gläubige
Verkündigung und Aufnahme seiner Offenbarung, um die Lebens-
gemeinschaft der Menschen mit Gott geht.
Die Aussagen zur Inspiration der Schrift mögen oft abstrakt klingen
und von Spekulationen verschiedener Art bestimmt sein. Die
Untersuchung des Johannesevangeliums daraufhin, was es zu
seiner Inspiration, zu seiner Herkunft von Gott, erkennen lässt,
führt uns in die oben beschriebene, lebendige und von Personen
und personalen Beziehungen bestimmte Welt. Sie gibt uns ein konkretes
und belebendes, anregendes Bild vom inspirierenden Handeln
Gottes. Was wir so über die Herkunft dieses Evangeliums erfahren,
kann uns Hilfe sein, dass wir bei seinem Lesen und Bedenken nicht
irgendwelche Inhalte suchen, sondern darauf achten, worauf es von
sich aus ausgerichtet ist und was es von sich selber her mitteilen
will. Dieses Bild von der Inspiration, wie es für das Johannes-
evangelium sichtbar wird, kann auch ein Anstoß sein und kann als