Franz Prosinger, «Vorschlag einer dynamisch-konzentrischen Struktur des Johannesprologs», Vol. 97 (2016) 244-263
There are strengths and weaknesses in earlier studies that propose for the Prologue of John's Gospel either a concentric (M.-E. boismard) or a spiral structure (I. de la Potterie). The modified versions of these proposals, recently advanced by M. Coloe and B.T. Viviano, are not convincing. This article seeks to demonstrate that evidence of the Prologue's concentric and dynamic structure is to be found in the introduction of a new subject ('we') in John 1,14c, which marks the beginning of a new section in the structure of the Prologue's argumentation. the 'we' of vs. 14c stands in relation to the 'children of God' of vs. 12. Consequently, vs. 14ab is to be viewed (pace M.-E. Boismard) as the crucial turning point at the center of the structure of the Prologue.
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durchaus seltene Qualifikation qeo,j, sonst immer als o` qeo,j dem Vater
vorbehalten, nur im Joh 20,28 mit dem Artikel als Vokativ für den auf-
erstandenen Herrn. In Vers 17 steht — nach den zu bevorzugenden
Handschriften — monogenh.j qeo,j, während in 3,16.18 formuliert wird:
„der einziggeborene Sohn des Vaters“. Wenn auch das Fehlen des Ar-
tikels in einer Wortkombination wie monogenh.j qeo,j nicht eindeutig
beurteilt werden kann, so zeigt es im Johannesprolog wohl die Verbin-
dung zu dem artikellosen und somit die Qualität der göttlichen natur
bezeichnenden qeo,j in 1,1c an. Zugleich wird in dieser dynamisch-
konzentrischen Struktur die jeweilige brückenfunktion vom logos in
1,1 zu 14a und von dort vom monogenh,j in 1, 14d zu 18 deutlich.
eine Selbstkritik dieser dynamisch-konzentrischen Struktur kann
durchaus Schwächen eingestehen. der Aspekt des Annehmens und
Ablehnens in den Verben kate,laben in Vers 5, pare,labon und e;labon
in den Versen 11-12 und evla,bomen in Vers 16 kommt bei de la Potterie
in der Parallele von C, C´ und C´´ sehr gut zum Ausdruck. In der hier
vorgeschlagenen konzentrischen Struktur entspricht in b und b´
das ouv kate,laben in Vers 5 dem entgegengesetzten evla,bomen in Vers 17.
das e;labon in Vers 12 hat immerhin dasselbe Subjekt wie das
evqeasa,meqa in Vers 14c: die Gemeinschaft der Glaubenden. Aber es gilt
auch zu bedenken, daß die Parallelstruktur eine Hilfe sein soll und kein
Prokrustesbett für ein bloß ästhetisches bedürfnis. Wichtiger als
die entsprechung der parallelen Glieder ist die innere dynamik
und konsequenz der Argumentation, deren bedeutung nun noch kurz
dargelegt werden soll.
VI. Abschließende beurteilung
eine detaillierte Auslegung des Prologs ist hier nicht möglich. Aber
auf die Schlüsselfunktion der vorgeschlagenen dynamisch-konzentri-
schen Struktur sei abschließend hingewiesen.
der Prolog ist nicht nur ein in sich abgeschlossenes, konzentrisch
strukturiertes Werk, das in ein Zentrum mündet, mit einer Inklusion
endet und parallele Glieder gegenüberstellt. er ist vor allem eine in
durchgehender linie fortlaufende Argumentationsfolge. typisch ist das
Aufgreifen des Prädikatsnomens, des objekts oder eines umstandes
als Subjekt der folgenden Aussage. Auch wenn es einen vorläufigen
Abschluß gibt, wie in 1,2, so knüpft doch der folgende Abschnitt an:
das „durch Ihn“ in 1,3 greift auf den Anfang zurück und erweist den
logos weiterhin als das eigentliche Subjekt der ereignisse. Auch der
scheinbar unvermittelte neueinsatz in Vers 6, der so manchen exegeten