Ulrich Victor, «Textkritischer Kommentar zu ausgewählten Stellen des Matthäusevangeliums», Vol. 22 (2009) 55-90
In a contaminated manuscript tradition there is no such thing as a 'good' manuscript or a 'good' group of manuscripts. The right reading may be found anywhere in this tradition, even in the smallest parts. There is no other means of deciding between different readings than the tools of philology, and every variant of the text must be considered as a unique case. This will be demonstrated in 33 variants of the text of Matthew's Gospel.
Textkritischer Kommentar zu ausgewählten Stellen des Matthäusevangeliums 85
nachgetragen: P45 P37 vid P64 haben diese Form des Pronomens35.
Mt 26, 67
oi`` de. evra,pisan auvto.n le,gontej
1. Die Doppelung von Pronomina in kurzer Folge, in diesem Fall von
auvto,n (Mt 13,2; 20,18; 27,1; 27,31 u.a.), findet sich bei Matthäus so oft,
dass es vernünftig ist, ein solches Pronomen dann für authentisch zu hal-
ten, wenn es in größeren Teilen der Überlieferung vorhanden ist.
2. Eine Auslassung des Pronomens lässt sich in diesem Fall sowohl
als Haplographie wie auch als puristische Korrektur zur Vermeidung der
Doppelung erklären.
3. Auslassungen sind häufiger als Hinzufügungen.
Mt 26, 73
Kai. ga.r Galilai/oj ei= kai. h`` lalia, sou o`m` oia,zei
1. Die Aussage Galilai/oj ei=/ evsti,n findet sich sowohl bei Markus
(14,70) als auch bei Lukas (22,59) als auch in Teilen der Überlieferung
des Matthäus, so dass der Schluss plausibel ist, dass diese Aussage Teil
des Stoffes der drei Synoptiker war (Man fragt sich, wie die Herausgeber
von NA, Anhänger der Zwei-Quellen-Hypothese wohl allesamt, erklären
wollen, dass gerade diese Aussage des Markus von Matthäus nicht über-
nommen wird. Des weiteren fragt es sich, woher Matthäus den zweiten
Teil der Aussage - kai. h`` lalia, sou o`m` oia,zei-genommen haben soll, wenn
er in Markus 14,70, d.h. nach dieser Zwei-Quellen-Hypothese in seiner
Vorlage, nach Meinung der Herausgeber nicht zum authentischen Text
gehörte, sondern in den Apparat verbannt wurde. Dass die Synoptiker
bei textkritischen Entscheidungen zusammen gesehen werden müssen,
sollte sich von selbst verstehen. Diese textkritische Einheit macht dies,
wenn es denn noch nötig sein sollte, anschaulich).
2. Der Ausfall von Galilai/oj ei= kai, in Teilen der Überlieferung des
Matthäus lässt sich genauso erklären wie der Ausfall von kai. h`` lalia,
sou o`m` oia,zei in Teilen der Überlieferung des Markus (14,70), nämlich
(1) durch Haplographie aufgrund der Ähnlichkeiten der Buchstabenfolge
Galilai/oj und lalia, samt den angrenzenden Buchstaben und (2) durch
Homoioteleuton (ei= / o`m` oia,zei). Auch (3) das Homoiarkton kai, könnte
eine Rolle gespielt haben.
35
Zum Ganzen s. C. P. Thiede, „Papyrus Magdalen Greek 17 (Gregory-Aland
P64). A Reappraisal“, ZPE 105 (1995) 13-20, bes. 15, 19.