Ulrich Schmidt, «Zum Paradox vom 'Verlieren' und 'Finden' des Lebens», Vol. 89 (2008) 329-351
Jesus’ paradox of losing and finding one’s life is well attested. According to its contexts, interpreters relate the logion predominantly to martyrdom and death. But a closer look reveals that this word is an assertion in favour of life which functions as a maxim of Jesus’ teaching and view of life. It is the context many of his sayings and behavorial patterns. The issue of a 'recompense' after death is merely a consequence of the original intention.
Zum Paradox vom “Verlieren†und “Finden†des Lebens 349
paradoxe Formulierung, deren Segment oujkevti ejgwv — zumal im
Verbund mit dem vorausgehenden “Ich bin mit Christus gestorben†(V.
19b) — ebenso ein deutliches Ende markiert wie das o} dΔ a]n ajpolevsh/
thn yuch;n aujtou' von Satz (2a). Der mit Satz (2b) artikulierte Fortgang
;
nach der Zäsur wird hier durch das dem oujkevti vorausgehende zw'
angezeigt. Verstärkt werden diese Entsprechungen noch durch den
rückwärtigen Kontext. Dort wird die Aussage “Ich bin durchs Gesetz
dem Gesetz gestorben ...†(V. 19aa) ebenfalls in paradoxer Weise
weitergeführt: “... damit ich Gott lebe.†(V. 19ab). Die Konstellation
von 2,20a wird dann durch die Wendungen zh/' de; ejn ejmoi; Cristov", und
o} de; nu'n zw' ejn sarkiv, ejn pivstei zw' th/' tou' uiJou' qeou' christologisch
präzisiert, was der synoptischen Präzisierung des Paradoxons durch
“um Christi willen†entspricht. Insofern das ejgwv in den Versen 18-21
“ausnahmslos Stilmittel, nicht (eigentlich) individuelles, sondern
typisches Ich†ist (90), ergibt sich die gleiche Allgemeingültigkeit wie
sie unserem Paradoxon zu eigen ist. Handelt es sich in Gal 2,19-20 um
eine “Verarbeitung†unsres Jesus-Logions, dann wird hier, ganz im
ursprünglichen Sinne, auf ein “Umschlagen†als eine Erfahrung in
diesem Leben abgehoben. Dieser Eindruck wird durch das
emphatische nu'n (91) nur noch verstärkt.
Im Blick auf 2 Kor sind die Beobachtungen REBELLs noch
erheblich zu ergänzen. Am Ende der Texteinheit 3,1-6,10 bzw. der
Untereinheit 5,16-6,10 (92) findet sich eine ganze Kaskade von
Paradoxa, in der — in unserem Zusammenhang — vor allem die Zeile
wJ" ajpoqnh/vskonte" kai; ijdou; zw'men (6,9) hervorsticht (93). Dem
entspricht die zuvor, in 4,10-11, formulierte paradoxe Verschränkung
vom Sterben und Leben Jesu in der entsprechenden Erfahrung des
Apostels (94):
(90) Vgl. nur BACHMANN, Sünder, 45, der ebd., 43-45, diese Auffassung
evident macht.
(91) Siehe dazu U. SCHMIDT, Nicht vergeblich empfangen. Eine Untersuchung
zum 2.Korintherbrief als Beitrag zur Frage nach der paulinischen Einschätzung
des Handelns (BWANT 162; Stuttgart 2004) 78-80.
(92) Zur Abgrenzung dieser Passage siehe SCHMIDT, Nicht vergeblich
empfangen, 64-71.
(93) In der von mir eingesehenen Literatur bespricht einzig BEARDSLEE,
“Saving one’s Life†57-72, 2 Kor 6,7-10 im Zusammenhang mit unserem
Paradoxon.
(94) R.P. MARTIN, 2 Corinthians (WBC 40; Waco, TX 1986) 87, sieht in
diesen Versen “a strange paradoxâ€, das er auf Tod und Auferstehung Christi
Bezug nehmen lässt, nicht aber auf unser Paradoxon.