Klemens Stock, «Die Inspiration der Heiligen Schrift nach dem Johannesevangelium», Vol. 96 (2015) 525-549
Taking as a point of reference the recent document of the Pontifical Biblical Commission, Inspiration and Truth of Sacred Scripture, this article examines how the Gospel of John gives evidence of its inspiration by having its origin from God. Every reference to God is made through the person of Jesus. Therefore, the relationship between Jesus and his disciples is of fundamental importance for understanding the origin of this Gospel. Whereas abstract statements about inspiration can sometimes lead the reader in a false direction, the testimony of the Gospel itself is able to foster a suitable way of reading and approaching the Sacred Scriptures.
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Leben nach den Weisungen Jesu (Lehre). Für Paulus wissen wir,
welche Bedeutung nach seinem Evangelium der Glauben an Jesus
als den auferstandenen Herrn hat, wie diese Form der personalen
Beziehung zu Jesus das Heil des Menschen bedeutet (z.B. Röm
10,8-10). Was Matthäus und Paulus so in den Mittelpunkt stellen,
diese personale Beziehung zu Jesus, ist für sie selber die Basis ihrer
Inspiration. Weil ihnen selber diese personale Beziehung zu Jesus
geschenkt wurde, sind sie fähig, die Offenbarung Jesu zu vernehmen
und zu bezeugen. Die Offenbarung spricht von dieser personalen
Beziehung zu Jesus und durch ihn zu Gott; sie will diese bekannt
machen, verdeutlichen, vertiefen und bekräftigen.
Im Alten Testament geht es um die personale Beziehung zu Gott.
Für Mose (Ex 3,1 – 4,17) und für die Propheten (z.B. Jes 6,1-13; Jer
1,4-10) wird sie begründet in ihrer Berufung. Wie sich auf diesem
Boden Inspiration vollzieht, ist lebendig beschrieben in Jes 50,4:
“Gott, der Herr, gab mir die Zunge eines Jüngers, damit ich verstehe,
die Müden zu stärken durch ein aufmunterndes Wort. Jeden Morgen
weckt er mein Ohr, damit ich auf ihn höre wie ein Jünger”. Dem
Propheten ist von Gott und zu Gott die Beziehung des Jüngers
geschenkt. In diesem Rahmen gibt ihm der Herr die Zunge und
weckt sein Ohr, damit er dieses Wort vom Herrn her hören und es
in seiner Kraft sagen kann, das die Müden stärkt und aufmuntert.
Von seiner Berufung her steht der Prophet in dieser doppelten Be-
ziehung: 1. Jünger, der auf den Herrn hört; 2. Bestellt, dem Volk
das vom Herrn her gehörte Wort mitzuteilen. In dieser Situation
empfängt er im Hören auf den Herrn das rechte Wort für dieses
Volk und auch die Kraft, dem Volk dieses Wort mitzuteilen. Man
kann wohl sagen: dieses Wort ist dem Propheten vom Herrn inspiriert
und auch von der Situation des Volkes — wenn auch auf sehr
verschiedene Weise. Wieder begegnet uns der dreidimensionale
Charakter der Inspiration. Die Psalmen haben ihre Herkunft in der
Beziehung ihrer Beter zu Gott, die von dem Glauben beherrscht ist,
dass er der allmächtige und barmherzige Herr ist, dass er hört und
dass das Volk und der Einzelne sich in allen Situationen des
menschlichen Lebens offen und vertrauensvoll an ihn wenden
können. Für die Herkunft der Weisheitsschriften ist kennzeichnend,
was das Buch Sirach gleich am Anfang über den Ursprung der
Weisheit sagt: “Alle Weisheit stammt vom Herrn” (1,1) und auch
über die menschliche Gottesbeziehung, die der Zugang zur Weisheit
ist: “Wurzel der Weisheit ist die Gottesfurcht” (1,20).