Karl Matthias Schmidt, «Bekehrung zur Zerstreuung. Paulus und der äthiopische
Eunuch im Kontext der lukanischen Diasporatheologie», Vol. 88 (2007) 191-213
Although the baptism of the Ethiopian is merely a baptism with water he can continue on his way to the south to await the power of the Holy Spirit at the ends of the earth. This return to Ethiopia is quasi a converse pilgrimage of the nations.
The new dispersion of the Jews among the nations is opposed to the OT prophecy of an assemblage on the Zion. Paul has to be converted to this new understanding of diaspora. He abandons the idea of an assemblage of captured Christians in Jerusalem and goes himself as a captive into exile. With his arrival in Rome a new Babylonian captivity of salvation is realized.
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die Füße gestellt zu sein, gefangen gelangt man nicht zum Zion,
sondern in die Diaspora. Doch Paulus’ Weg führt in ein politisches Exil,
das vor dem Zugriff der religiösen Gegner in Jerusalem schützt, er führt
in die komfortable Gefangenschaft des bewachten “Freigängers†(Apg
28,16), die Paulus erlaubt, endlich ungehindert zu verkünden (43). Es ist
dieses ajkwluvtw", das den positiven Aspekt des modernen Begriffs
“Exil†zum Ausdruck bringt. Wer das Exil wählt, entscheidet sich für
die Freiheit in der Fremde anstelle der Unterdrückung in der Heimat.
Die Wegführung des Gefangenen wird so zum Heilszeichen.
Auch in Rom bleiben die Juden gespalten, ein Teil lässt sich von
Paulus Rede über Jesus überzeugen. Andere bleiben ungläubig
(peiqw/apistew, Apg 28,23-24, vgl. Apg 14,1-2), uneinig löst sich die
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Versammlung auf. Wenn Paulus in Apg 28,26-27 abschließend das
Wort aus der Berufungsgeschichte Jesajas zitiert (Jes 6,9-10), wendet
er sich folglich nur an diejenigen, die seiner Rede kein Vertrauen
schenken. Nicht nur die Juden hören (Apg 28,22), sondern auch die
Heiden. Apg 28,28 (ajkouvsontai) nimmt das Futur aus Apg 28,26
(ajkouvsete) auf und konstatiert somit zunächst nur die gleiche
Ausgangslage. Die Juden stehen neben den Heiden, die ebenfalls
Gottes Wort zu hören bekommen. Lukas greift nur den zweiten Teil des
Schemas “hören und glauben†auf, weil er direkt an das vorangehende
Zitat aus Jes 6,10 anschließt. Die Heiden kommen gleichfalls nicht
sämtlich zum Glauben (vgl. nur Apg 17,32). Doch auch Heiden hören
und glauben, wie Petrus schon im Rat der Jerusalemer Gemeinde
konstatierte (Apg 15,7; vgl. auch Apg 18,8). Kornelius wollte Petrus
hören (Apg 10,22) und just als Petrus von der Vergebung der Sünden
für die Glaubenden sprach, fiel noch während der Apostel redete der
Heilige Geist auf die Heiden herab (Apg 10,43-44). Lukas verzichtete
darauf, den Glauben der Heiden eigens zu konstatieren, ihr Glaube
wurde durch den Geist selbst bestätigt (vgl. auch Apg 11,17).
Es waren aber eben nicht nur Heiden, die glaubten, ein Teil der
Juden ließ sich ebenfalls überzeugen (Apg 28,24, vgl. Apg 17,4; 18,4;
19,8). Apg 28,30 unterscheidet nicht länger zwischen beiden Gruppen.
Paulus empfängt alle, die zu ihm kommen, Heiden und Juden, mit Gal
(43) Vgl. Apg 28,31. In Röm 1,13 spricht Paulus davon, dass er bis dato
gehindert worden sei (ejkwluvqhn), nach Rom zu kommen und so keine Frucht unter
den Heiden der römischen Gemeinde bringen konnte. In 1 Thess 2,16 behauptet
er, die Juden würden ihn hindern (kwluovntwn) bei den Heiden zu verkünden, um
deren Rettung zu vereiteln. Diese Situation beschreibt Lukas in seiner Erzählung,
sie wird erst in Rom in eine ungehinderte Verkündigung überführt.