Jong-Hoon Kim, «Intentionale Varianten der Habakukzitate im Pesher Habakuk
Rezeptionsästhetisch untersucht», Vol. 88 (2007) 23-37
In this essay the character of the citations (lemmata) of 1QpHab is discussed. Compared with the MT, there are 135 (resp. 153) variants in the citations of 1QpHab. Even if the majority of them can be regarded and explained textcritically,
there is however a number of variants (probably about 25 to 30 %) that can and should be explained in the light of the intention of the author of the pesher. This means that those variants are not the result of textual corruption, scribal errors or simple misreadings, but that they are — as all the quotations of the Habakuk-texts — an integral part of the pesher and that those variants are shaped by the world and by the intention of the author. To understand this process, the theory and the categories of reception aesthetics, especially its understanding of the “reading process”, prove quite useful. To demonstrate this understanding, several cases are singled out and discussed.
32 Jong-Hoon Kim
(IV, 17) [hwhy] (20) A [Jahwe!]
(V, 1) jpçml B zum Gericht
C hast du ihn bestimmt;
wtmç
A’ Und Fels,
rwxw
B’ zu seinem Züchtiger
wjykwml
C’ hast du ihn bestellt.
wtdsy
Das lemma in V, 1 wendet das “Gericht†und die “Züchtigung†an.
Im Bibeltext ist aber unklar, wer gerichtet und gezüchtigt wird. Das
bleibt als eine hermeneutische Leerstelle offen. In den Zeilen 4-5
interpretierte der Verfasser des Pescher das “Gericht†des Bibeltextes
als das “Gericht über alle Völker†und die “Züchtigung†als die
Züchtigung, die “alle Frevler seines Volkes†erleiden, und zwar durch
jene, “die seine Gebote gehalten habenâ€. In 1QpHab wurden beide
Wörter, deren Adressaten in MT nicht konkret sind, durch die bloße
Hinzufügung eines Pronominalsuffixes am Ende des lemmas
konkretisiert.
c) Habakuk 1,13 und 1QpHab V, 8-9
MT – WNôM,mi qyDIx' [vŸr° [L'b'B] vyrIj}T' µydI+g“/B jyBit' hMŸ;l;Ÿ
1QpHab – wnmm qydx [çr [lbb çyrjtw µydgwb wjybt hml
Das erste Verb (jyBit') ist in MT Singular, dagegen in 1QpHab —
durch die Hinzufügung von Waw — Plural. Zudem ist vor dem
zweiten Verb (vyrIj}T') in 1QpHab eine Kopula, Waw, hinzugefügt.
Außerdem kongruiert in 1QpHab der Numerus der beiden Verben
nicht. Man könnte die Variante des 1QpHab für einen Abschreibfehler
halten. Wenn man aber den Pescher-Teil anschaut, wird es klar, dass
sie kein Fehler des Abschreibers ist. Vom Sinn her gibt es nämlich
einen großen Unterschied zwischen MT und 1QpHab: In MT ist Gott
der Adressat der Frage, dagegen sind es in 1QpHab die “Verräterâ€
(µydgwb).
Der Pescher bezieht die Verräter auf das “Haus Absalom (21) und
ihre Ratsgenossen†(µtx[ yçnaw µwlçba tyb). Die Pluralform des ersten
(20) Zwar sind die letzten drei Zeilen der vierten Kolumne vorloren gegangen,
aufgrund des MT kann man aber trotzdem mit Sicherheit „Jahwe“ rekonstruieren.
(21) Zum Haus Absalom gibt es zwei Meinungen. Die eine ist, dass es eine
zeitgenössische Gruppe von “dem Lehrer der Gerechtigkeit†war. Die andere ist,
dass es eine Bezeichnung für eine religiöse Gruppe war, die mit Pseudonym
Absalom, der den König David verraten hatte, benannt wurde; Vgl. W.H.
BROWNLEE, The Midrash Pesher of Habakkuk (MSBL 24; Missoula 1979) 92;
D.N. FREEDMAN, “The House of Absalom in the Habakkuk Scrollâ€, BASOR 114
(1949) 11-12.