Till Magnus Steiner, «'Gott stieg hinauf ...' (Ps 47,6) — wohin? Psalm 47 als exilische Hoffnung auf Restitution
», Vol. 95 (2014) 161-178
Ps 47,6 states that God has 'gone up' but does not clarify where He is ascending to. In recent research this verse is therefore interpreted in many different ways. To be sure, the ambiguity of this verse definitely affects the interpretation of the Psalm as a whole. In this article we argue that V. 6 - when read in the context of Psalm 47 and of Psalms 46-48 - may express the strong belief that God returns back to Jerusalem / Zion after the exile.
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Zieht man zusätzlich zu diesem Befund noch den in VV. 7-8
fünffach erfolgenden Aufruf zum Lobgesang an Gott hinzu, lassen
sich VV. 9-10 als von den Völkern zu singender Psalm lesen. Da
die Wir-Gruppe in V. 8 Gott bereits als ihren König bezeichnet,
muss die Königsakklamation in V. 9a im Mund der Völkerwelt
verortet werden. Der Ausruf $lm + Eigenname zeigt in 2 Sam 15,10
und 2 Kön 9,13 die verkündende und anerkannte Königsherrschaft
eines neuen Königs an (vgl. auch Jes 24,23). Mit V. 9a wird die
Königswerdung in ihrem Resultat affirmiert, und somit löst V. 9
den in V. 2 geforderten Jubel der Völker ein, der durch die
universale Königsherrschaft Gottes begründet wird (V. 3b; vgl. V.
8a). Als Objekt der Königsherrschaft werden in V. 9 nicht die
Völker der Welt sondern im Anschluss an den politisch-religiösen
Titel “großer König” aus V. 3b die Nationen als politische Größen
genannt 46. Die Königsherrschaft Gottes aus V. 9a wird in V. 9b als
Sitzen Gottes auf dem Thron seiner Heiligkeit in Szene gesetzt.
Anders als in V. 9a findet sich hier x-qāṭal: Damit wird nicht
ausgedrückt, dass Gott sich auf den Thron gesetzt hat (vgl. 1 Kön
1,46), sondern dass er ein- für allemal auf dem Thron sitzt, und die
Macht des Throns ausübt (vgl. 1 Kön 2,12). Der Thron ist das
Symbol der Königswürde und -macht.
Während V. 9 somit die Anerkenntnis der Macht Gottes als
König durch die Völker anzeigt, präsentiert V. 10 die Unterordnung
der Völker bzw. der Könige der Völker gegenüber Gott. In V. 10
wird die Bezeichnung “König” für die Herrscher der Völker
bewusst vermieden. Folgt man der Annahme, dass VV. 9-10 die
Worte der Völker zitieren, bezeichnen sie sich sogar selbst als
Fürsten/Edle der Völker 47 und Schilde der Erde 48. Dass die
Versammlung der fremden Machthaber durch ein Perfekt ausgedrückt
wird und somit als ein vollzogenes Ereignis dargestellt wird, ergibt
46 Im Gegensatz zum Vokativ in V. 2a, indem allumfassend “alle” Völker
angesprochen werden (vgl. V 3b), verwundert in V. 9a die Aussage, dass Gott
“nur” über Nationen als König herrscht und nicht über “alle” Nationen. Viel-
leicht erklärt sich dies aus der Zukunftsperspektive von VV. 4-5, gemäß derer
noch Völker und Völkerschaften unterworfen werden müssen.
47 Vgl. Pss 83,12; 107,40; 118,9 u.ö. Zusätzlich schwingt in bydn die
Bedeutung “willig/bereitwillig” mit (vgl. z.B. Spr 19,6; 1 Chr 28,21), die die
Gruppe von Ps 47,10 passend als diejenigen ausweist, die bereitwillig die
Königsherrschaft Gottes in den eigenen Worten anerkennen.
48 Vgl. als Königsbezeichnung in Pss 84,9; 89,19.