Klemens Stock, «Die Inspiration der Heiligen Schrift nach dem Johannesevangelium», Vol. 96 (2015) 525-549
Taking as a point of reference the recent document of the Pontifical Biblical Commission, Inspiration and Truth of Sacred Scripture, this article examines how the Gospel of John gives evidence of its inspiration by having its origin from God. Every reference to God is made through the person of Jesus. Therefore, the relationship between Jesus and his disciples is of fundamental importance for understanding the origin of this Gospel. Whereas abstract statements about inspiration can sometimes lead the reader in a false direction, the testimony of the Gospel itself is able to foster a suitable way of reading and approaching the Sacred Scriptures.
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also wissen wollen, wie der Verfasser dieses Buches zu dem von
ihm auf Glauben und Leben hin Berichteten gekommen ist, müssen
wir darauf achten, was sich zwischen Jesus und seinen Jüngern abgespielt
hat. Nicht alle Jünger haben ein solches Buch geschrieben, aber
alle Jünger wurden mit der Sendung Jesu beauftragt (17,18) und
zum Fruchtbringen bestimmt (15,16). Ohne das, was Jesus allen
seinen Jüngern und damit auch dem Verfasser dieser Schrift gegeben
hat, hätte dieser sein Buch, das Johannesevangelium, nicht schreiben
können; die gesamte Beziehung zwischen Jesus und seinen Jüngern
wird sichtbar als die Basis seiner Inspiration. Ob er noch eine
besondere Berufung und Gabe (Charisma) für das Schreiben erhalten
hat, muss anschließend untersucht werden.
2. Die Begegnung der ersten Jünger mit Jesus (1,35-51): Erkennen
und Bezeugen
Gleich am Beginn seines Werkes, nach dem Prolog (1,1-18) und
dem Auftreten des Vorläufers Johannes (1,19-34) und vor dem Anfang
des öffentlichen Wirkens Jesu (2,1-12), berichtet der Evangelist,
wie Jesus die ersten Fünf seiner Jünger gewonnen hat (1,35-51).
Nachdem Johannes zum zweiten Mal Jesus als das Lamm Gottes
bezeichnet hat (1,36; vgl. 1,29), folgen diesem zwei der bisherigen
Jünger des Johannes. Sie wollen wissen, wo Jesus sich aufhält. Er
lädt sie ein: “Kommt und seht!” (1,39). Sie bleiben bei ihm. Einer
von ihnen, Andreas, sucht seinen Bruder Simon, um ihm mitzuteilen:
“Wir haben den Messias gefunden” (1,41) und ihn zu Jesus zu führen.
Dieser blickt Simon an und kündigt ihm an, dass er Kephas, Fels,
heißen wird (1,42). Jesus findet Philippus und fordert ihn zum Folgen
auf (1,43). Dieser findet den Nathanael und gibt Zeugnis von Jesus
als dem von Mose und den Propheten angekündigten Propheten
(1,45) und lädt ihn ein, zu Jesus zu kommen (1,46). Am längsten
wird die Begegnung zwischen Jesus und dem skeptischen Nathanael
geschildert (1,47-51). Sie führt dazu, dass Nathanael Jesus als den
Sohn Gottes, den König von Israel bekennt (1,49) und dass Jesus
ihnen allen ankündigt: “Ihr werdet den Himmel geöffnet und die Engel
Gottes auf- und niedersteigen sehen über dem Menschensohn” (1,51).
Bei dieser Begegnung zwischen Jesus und seinen ersten fünf
Jüngern zeigt sich als Tun dieser Jünger: Sie hören auf den Vorläufer;
sie folgen Jesus; sie bleiben bei ihm; sie erfassen, wer Jesus ist; sie
suchen ihre Bekannten, um von Jesus Zeugnis zu geben und diese