Klemens Stock, «Die Inspiration der Heiligen Schrift nach dem Johannesevangelium», Vol. 96 (2015) 525-549
Taking as a point of reference the recent document of the Pontifical Biblical Commission, Inspiration and Truth of Sacred Scripture, this article examines how the Gospel of John gives evidence of its inspiration by having its origin from God. Every reference to God is made through the person of Jesus. Therefore, the relationship between Jesus and his disciples is of fundamental importance for understanding the origin of this Gospel. Whereas abstract statements about inspiration can sometimes lead the reader in a false direction, the testimony of the Gospel itself is able to foster a suitable way of reading and approaching the Sacred Scriptures.
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entschieden als den Sohn Gottes und als den Christus (als den Retter
der Welt vgl. 4,42; 1 Joh 4,14) anerkennt (vgl. 20,31), sich ihm in
dieser seiner Wirklichkeit anvertraut und sich vollkommen auf ihn
verlässt. Der so qualifizierte Glaube ist das fundamentale Tun der Jün-
ger, in dem sich ihr Annehmen der Offenbarung Jesu vollzieht; er ist
auch unverzichtbar für die Bezeugung und Weitergabe der Offenbarung,
ob sie nun mündlich oder schriftlich geschieht. Als das die Offenba-
rung aufnehmende menschliche Handeln ist der Glaube ein wesentlich
mit der Inspiration verbundenes Element. Dabei ist für die Jünger die-
ser Glaube die grundlegende Form ihrer personalen Beziehung zu
Jesus; in ihm verwirklicht sich ihre Lebensgemeinschaft mit Jesus
und darin ihr persönliches Heil. Was Jesus vor den Augen seiner Jün-
ger tut (vgl. 20,30) und was sie im Glauben aufnehmen (2,11), das
wird im Glauben und auf Glauben hin (20,31) weitergegeben.
Das wesentliche Kennzeichen der Jünger Jesu ist also ihr Glaube
an Jesus. In der großen Krise, als fast alle die eucharistische Offenba-
rung Jesu ablehnen (6,60.66), bekennt Petrus auf die Frage Jesu
hin: “Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir haben geglaubt und
erkannt, dass du der Heilige Gottes bist” (6,68-69). In seinem großen
Gebet, mit dem Jesus die Unterweisung der Jünger (13–16) abschließt,
spricht er ausschließlich von der Beziehung Vater-Sohn-Jünger
(17,1-26). Hier kennzeichnet er so seine Jünger: “Die Worte, die
du mir gegeben hast, gab ich ihnen, und sie haben sie angenommen.
Sie haben wirklich erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und
sie haben geglaubt, dass du mich gesandt hast” (17,8). Schon vorher
hat Jesus von ihnen gesagt: “Der Vater selbst liebt euch, weil ihr
mich geliebt und geglaubt habt, dass ich von Gott ausgegangen bin”
(16,27). Nach diesem Wort Jesu ist der Inhalt ihres Glaubens die
Beziehung, in der Jesus zu Gott als seinem Vater steht. Und dieser
Glaube hat eine einzigartige Bedeutung für ihre Beziehung zu Jesus
und zu Gott: In ihm drückt sich ihre Liebe zu Jesus aus und er ist
der Grund dafür, dass Gott, der Vater sie liebt.
Dabei ist aber der Glaube der Jünger nicht ihr autonomes, eigen-
ständiges Handeln, das allein von ihnen ausgeht. Jesus nennt die
Jünger diejenigen, die ihm der Vater aus der Welt gegeben hat (17,6;
vgl. 6,37). Und er sagt: “Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht
der Vater, der mich gesandt hat, ihn zu mir zieht” (6,44). ‘Zu Jesus
kommen’ und an ‘Jesus glauben’ haben den gleichen Sinn (vgl.
6,35). Nicht nur die Sendung Jesu und die Offenbarung kommen
vom Vater, sondern auch ihre Annahme im Glauben der Jünger. So