Kristin Weingart, «Eine zweite Chance für Israel? Gericht und Hoffnung in Hos 3,1-5», Vol. 97 (2016) 342-359
In Hosea 3 we find a reflection on the situation of the Northern-Israelites after the destruction of Samaria. The text, except for some slight additions, was originally composed shortly after 720 BCE by Northern Israelites and is part of an early composition of Hosea-materials. The fall of the Northern Kingdom is caused by the crimes denounced by Hosea and brought about by the divine judgment he had announced. The events therefore confirm Hosea’s prediction. Israel’s punishment is interpreted as an educational trial meant to make Israel return to YHWH. Hence, there is hope for restoration and a better future after the judgment.
Eine zweite Chance für Israel?
Gericht und Hoffnung in Hos 3,1-5
Das Hoseabuch beginnt bekanntlich mit “Szenen einer Ehe”. In
Hosea 1 heiratet der Prophet im Auftrag JHwHs eine “hurerische Frau”
und zeugt mit ihr drei Kinder. Auf deren Namen, Jesreel, Lo-Ruchama
und Lo-Ammi läuft das Kapitel zu. Hosea 2 präsentiert einen Aus-
schnitt aus dem Scheidungsprozess: Untreue und Verblendung werden
der Frau vorgeworfen, die sich mit Liebhabern ein- und von ihnen
aushalten ließ. Doch wie bei Ingmar Bergman ist die Trennung nicht
das letzte wort, sondern lediglich Episode und nicht Zielpunkt eines
komplexen Beziehungsdramas.
Letzteres ist im Hoseabuch selbstverständlich doppelbödig. was
als ein Detail aus der Biographie des Propheten daherkommt, ist trans-
parent auf die tieferliegende Problematik der Beziehung JHwHs zu
seinem Volk Israel und Israels zu seinem Gott. Das zeigt sich in
den Deutungen, die die Namen der Kinder erfahren, in den Vorwürfen
und Drohungen der Anklage in Kap. 2 und auch in den anklingenden
Hoffnungsperspektiven 1.
Hos 3,1-5 fügt dem Drama eine weitere Szene hinzu. Die Deutung
des Kapitels ist Gegenstand dieses Beitrags, der darüber hinaus Über-
legungen zur historischen und literargeschichtlichen Einordnung des
Abschnitts präsentiert.
1 Letztere, d.h. insbesondere Hos 2,16-25, werden freilich häufig als sekundär
betrachtet, so unter den neueren Analysen z.B. bei H. PFEIFFER, Das Heiligtum
von Bethel im Spiegel des Hoseabuches (FRLANT 183; Göttingen 1999) 202-
206; oder K. wEISSFLoG, Zeichen und Sinnbilder. Die Kinder der Propheten Jesaja
und Hosea (ABG 36; Leipzig 2011) 449-452, u.a.m. Dagegen rechnet w. ScHÜTTE,
“Die Entstehung der juda-exilischen Hoseaschrift”, Bib 85 (2014) 215-218, Hos
2,16-25 zum Grundbestand; auch E. BEN ZVI, Hosea (FoTL 21A/1; Grand Rapids,
MI 2005) 71-76, sowie S. RUDNIG-ZELT, Hoseastudien. Redaktionskritische
Untersuchungen zur Genese des Hoseabuches (FRLANT 213; Göttingen 2006)
79-85, sehen Hos 2,4-25 als Einheit. Beide kommen freilich zu ganz unterschied-
lichen Datierungen (ScHÜTTE, “Entstehung”, 221: 7. Jh. v. chr.; BEN ZVI, Hosea,
76: Perserzeit; RUDNIG-ZELT, Hoseastudien, 172.271: Umfeld der chronik).
BiBlica 97.3 (2016) 342-359