Ulrich Victor, «Textkritischer Kommentar zu ausgewählten Stellen des Matthäusevangeliums», Vol. 22 (2009) 55-90
In a contaminated manuscript tradition there is no such thing as a 'good' manuscript or a 'good' group of manuscripts. The right reading may be found anywhere in this tradition, even in the smallest parts. There is no other means of deciding between different readings than the tools of philology, and every variant of the text must be considered as a unique case. This will be demonstrated in 33 variants of the text of Matthew's Gospel.
Textkritischer Kommentar zu ausgewählten Stellen des Matthäusevangeliums 83
Mk 13,32 bestätigt, daß dieser Gedanke Teil des Stoffes war, der den
Synoptikern vorlag. Gegen eine Entlehnung aus Markus sprechen außer
grundsätzlichen Erwägungen die Unterschiede in der Form des Textes. Die
Anhänger der Zwei-Quellen-Hypothese insbesondere müssten erklären,
warum Matthäus auf diesen Teil seiner Vorlage verzichtet haben sollte.
Diese Auslassung in a1 L W f 1 33 etc. ist ein sehr offensichtlicher
Fall einer Textänderung aus dogmatischen Gründen, vgl. Mk 6,5 mit Mt
13,58; außerdem Lk 22,43f.; Joh 7,1; Hebr 2,9. Es ist von besonderem
Interesse, welche und wie große Teile der Überlieferung von derartigen
Textänderungen betroffen sind.
Mt 25, 15
avpedh,mhsen euvqe,wj poreuqei,j. o`` ta. pe,nte ta,lanta labw,n)))
Die Interpunktion des NA nach avpedh,mhsen (avpedh,mhsen) euvqe,wj
poreuqei,j o`` ta. pe,nte ta,lanta labw,n)))) ist aus verschiedenen Gründen
nicht vertretbar.
1. Die Aussage euvqe,wj poreuqei,j kann sich nicht auf den Knecht be-
ziehen. Wohin sollte der Knecht gehen oder aufbrechen? Das Gleichnis
lebt ja gerade von dem Gegensatz zwischen den Knechten, die zu Hause
bleiben, und ihrem Herrn, der außer Landes geht.
2. Die Wortfolge finites Verb + Partizip (oder umgekehrt) ist typisch
für die Sprache des NT;
Beispiele bei Matthäus: 3,15; 4,4; 8,8; 11,4; 11,25; 12,39; 12,48; 13,11;
13,37; 25,26.
3. Die Verbindung euvqu,j / euvqe,wj mit poreu,esqai bezeichnet in der
griechischen Literatur in aller Regel den schnellen Aufbruch zu einem
Ziel auf einem Weg, zu einer Reise oder einem Marsch, nicht aber den
sofortigen Beginn einer (geschäftlichen) Tätigkeit (gegen Metzger: „there
is much pointing the servant’s immediately setting to work“): Xenophon,
Hell. 4,7,2; Platon Legg 10, 952b6; Passio Perpetuae 10. Es gehört also
euvqe,wj poreuqei,j zu dem vorangehenden Verbum avpedh,mhsen.
Mt 26, 8
)))oi`` maqhtai. auvtou/ )))
1. Es gibt keinerlei Handhabe, das Possessivpronomen auvtou/ aus dem
Text zu entfernen. Matthäus setzt das Pronomen 28 mal, 47 mal nicht.
Solange wir den Stil des Matthäus nicht besser beurteilen können - ob das
jemals der Fall sein wird, ist höchst zweifelhaft -, gibt es keine zuverlässi-
ge Entscheidung in solchen Fragen.