Andreas Scherer, «Vom Sinn prophetischer Gerichtsverkündigung bei Amos und Hosea», Vol. 86 (2005) 1-19
Recently it has been proposed that announcements of judgment,
like the ones to be found in the minor prophets Amos and Hosea, on principle are
to be considered as vaticinia ex eventu. Even the traditions of
salvation, employed to reinforce different kinds of reproach, are held to be the
work of learned redactors. However, these hypotheses are supported neither by
the evidence from the ancient Near East nor by the logic underlying prophetical
proclamations of judgment themselves, for sheer announcements of punishment
could only be meaningless in times of doom as well as during periods of
recovery. Old Testament prophecy of doom is no complete stranger among the
religions of the ancient Near East. It owes its uniqueness not to the kind or
genus, but only to the complexity of its message.
8 Andreas Scherer
bleibt, ist eine Dreiteilung des Darstellungszusammenhangs nicht zu
verkennen (22).
Ein erster Abschnitt (Zeile 1-4 [Hoftijzer – van der Kooij]; II-VI
[Weippert]; 1.-2. [Seow]) schildert, wie die “Götter†(’lhn) Bileam
“des Nachts†(blylh) besuchten, um ihm “gemäß dem Ratschluß Elsâ€
(km¢’ ’l) eine Mitteilung zu machen.
Die zweite Szene (Zeile 5-6 [Hoftijzer – van der Kooij]; VII-IX
[Weippert]; 3.-4. [Seow]) spielt am nächsten Morgen und zeigt Bile-
ams verzweifelte Reaktion auf das nächtliche Offenbarungserlebnis.
Er fastete “und weinte bitterlich†(wbkh ybkh).
Die größten Probleme bereitet der dritte Teil (Zeile 6-19 [Hoftij-
zer – van der Kooij]; X-XVII [Weippert]; 4.-16. [Seow]). Bileam er-
zählt hier einem Publikum — konkret wird der Ausdruck ‘mh / ‘amˇh
(“sein Volkâ€) gebraucht — Genaueres über den Inhalt der Offenba-
rung, auf die in Szene 1 nur kurz angespielt wurde. Klar ist, daß Bi-
leam von einer Götterversammlung berichtet. Dabei kommt es zu ei-
ner Unterredung zwischen den πdyn / πadday^n und der Gottheit
âˆagar oder âˆamÏ€ (23). Ãœber den Sinn dieser Verhandlung haben sich in
der Forschung im wesentlichen drei Auffassungen herausgebildet: 1.
Die übrigen Götter versuchen, âˆagar bzw. âˆamÏ€ das Unheil auszure-
den, das sie über die Menschen bringen will (24). 2. Die Götter sind
bemüht, den Zorn der Göttin zu mäßigen, um einen Teil des Unglücks
abzuwenden (25). 3. Die πadday^n selbst haben die Katastrophe be-
schlossen, mit deren Vollstreckung sie âˆagar oder âˆamÏ€ beauftra-
gen (26).
Die erste Deutungsmöglichkeit ist die unwahrscheinlichste. Zum
einen muß die Existenz der dafür notwendigen Negation auf dem
Weg der Rekonstruktion postuliert werden. Zum anderen müßte man
einen vollständigen Mißerfolg der Götterversammlung unterstellen.
Wäre es nämlich gelungen, die Göttin ganz von ihrem Vorhaben ab-
zubringen, gäbe es keinen Grund für Bileams verzweifeltes Gebaren
am Morgen des nächsten Tages.
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stinischen Kontext (FAT 18; Tübingen 1997) 165-169; C.-L. SEOW, “West
Semitic Sourcesâ€, NISSINEN, Prophets, 207-212.
(22) Vgl. WEIPPERT, “‘Bileam’-Textâ€, 177-183.
(23) Nach dem Präfix l ist nur noch der Buchstabe π erhalten, worauf eine
Lücke folgt (Zeile 8 [HOFTIJZER – VAN DER KOOIJ]; XX [WEIPPERT]; 6. [SEOW]).
(24) Vgl. HOFTIJZER – VAN DER KOOIJ, Aramaic Texts, 275, 279.
(25) Vgl. WEIPPERT, “‘Bileam’-Textâ€, 180-181.
(26) So SEOW, Sources, 208.