Markus Lau, «Die Legio X Fretensis und der Besessene von Gerasa. Anmerkungen zur Zahlenangabe “ungefähr Zweitausend” (Mk 5,13)», Vol. 88 (2007) 351-364
The military background of Mk 5,1-20 points to the Legio X Fretensis, which has been active in the Jewish War and whose ensign, a boar, matches the swines mentioned in Mk 5,1-20. However, the figure 2000, which is mentioned to give the size of the herd, does not correspond to this context. Roman legions consisted of about 5000-6000 soldiers. This contradiction can only be resolved, when the history of the Legio X is taken into consideration. In 66 AD a vexiliation of this Legio X, consisting of 2000 soldiers, was involved in fights with Jewish insurgents (Jos., Bell. 2,499-506). These details go well with the allusions in Mk 5,1-20 to the Legio X and can explain the figure 2000. From this perspective, Mark’s Jesus is portrayed as a powerful warlord and liberator rather than an occupator.
Die Legio X Fretensis und der Besessene von Gerasa 359
im 1. Jh. n. Chr. in wenigen Sätzen darzustellen (38). Nach der
Aushebung der Legion etwa 50-40 v. Chr. gelangte sie nach Einsätzen
in Italien und Makedonien spätestens 6 n. Chr. nach Syrien. Inschriften
belegen ihre dauerhafte Präsenz in diesem Gebiet. Sie war aktiv an den
Armenienfeldzügen beteiligt, bevor sie ab 66 n. Chr. zunächst unter
dem Kommando des Cestius Gallus von Antiochien aus Operationen
gegen die aufständischen Juden unternahm. In der Hochphase des
Jüdischen Krieges 66-70 n. Chr. unterstand sie dem von Nero
eingesetzten römischen Oberbefehlshaber im Jüdischen Krieg, dem
späteren Kaiser Vespasian und seinem Sohn Titus. Die Legion war an
nahern allen wesentlichen Schlachten dieses Krieges beteiligt (39) und
blieb nach dem endgültigen Sieg als Besatzungsarmee in Jerusalem
zurück. Kaiser Trajan diente sie in den Partherfeldzügen der Jahre 114-
117 n. Chr.
Ãœber eine der ersten Operationen gegen die Juden im Jahre 66 n.
Chr. berichtet Josephus.
Nachdem nun die Juden überall als Feinde behandelt wurden, glaubte
auch Cestius, nicht mehr untätig bleiben zu dürfen. Er nahm von
Antiochien die ganze 12. Legion mit sich, von den übrigen Legionen
je 2000 (discilivou") ausgewählte Soldaten, 6 Kohorten Fußvolk und
4 Abteilungen Reiterei … mit dieser Streitmacht rückte Cestius bis
Ptolemais vor … Mit einem Teil seines Heeres brach Cestius gegen
Chabulon, eine befestigte Stadt Galiläas auf … Er traf sie
menschenleer an, denn die Bevölkerung war in die Berge geflohen;
dagegen enthielt sie Besitztümer aller Art. Diese überließ Cestius den
Soldaten zur Plünderung, die Stadt aber brannte er nieder … Darauf
durchstreifte er die Gegend, plünderte alles, was ihm in die Hände fiel,
brannte die umliegenden Dörfer nieder und kehrte nach Ptolemais
zurück. Während die Syrer … sich noch ganz dem Plündern hingaben,
faßten die Juden neuen Mut … und überfielen unerwartet die
Zurückbleibenden; dabei machten sie etwa 2000 (peri; discilivou") von
ihnen nieder. (Jos., Bell. 2,499-506) (40).
Entscheidend für unseren Zusammenhang ist zunächst der Anfang
des Berichts über den ersten militärischen Vorstoß, den Cestius Gallus
von Antiochien aus in Richtung Galiläa unternahm (41). Seine
(38) Für die Geschichte der Legio X vgl. die konzise Darstellung von
DABROWA, Legio, 11-21.
(39) Einige Einsatzorte seien genannt: Jotapata, Caesarea Maritima, Tiberias,
Scythopolis, Jerusalem, Masada.
(40) Übersetzung: Flavius Josephus, Der Jüdische Krieg (Hrsg. O. MICHEL –
O. BAUERNFEIND) (Darmstadt 1959).
(41) Zu dieser Militäroperation und ihrem weiteren Verlauf vgl. H. SCHWIER,