Lukas Stolz, «Das Einführen des Erstgeborenen in die 'oikoumene' (Hebr 1,6a)», Vol. 95 (2014) 405-423
The meaning of the firstborn's ei)vsagwgh/ into the oi)koume/nh in Hebrews 1,6a is greatly disputed. Proposed interpretations are the presentation of the Son after the creation, his incarnation, his baptism, his exaltation and his parousia. The arguments seem to speak for the lastmentioned and against the currently very popular exaltation reading.
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DAS EINFÜHREN DES ERSTGEBORENEN IN DIE oivkoume,nh 419
sollte (es gibt auch andere Erklärungen 66), halte ich folgenden
Schluss von Eisele für sehr fraglich: In Hebr 2,5 ist eine “jenseitige
Welt des Himmels” gemeint, also muss dies auch für 1,6 gelten 67.
Denn Portalatin hat in seiner Dissertation m. E. überzeugend
dargelegt, dass das Verb me,llw sowohl in Hebr 2,5 (oivkoume,nh h`
me,llousa) als auch 13,14 (po,lij h` me,llousa) eine zeitliche Bedeutung
haben muss 68. Die Näherbestimmung h` me,llousa qualifiziert die
oivkoume,nh somit als eine “kommende” bzw. “zukünftige” Welt, die
erst am Ende der Zeit durch die Erschütterung der alten Welt (vgl.
12,26-28) offenbart werden wird 69 und nicht mit dem Himmel als
Heiligtum (vgl. z. B. 9,24) ― in den der Sohn bei der Erhöhung
eingetreten ist ― zu verwechseln ist, insofern der ja schon gegen-
wärtig da ist 70. Diese Deutung wird dadurch unterstrichen, dass der
auctor ad Hebraeos mit mellw/n aivwn/ (Hebr 6,5) als einem Synonym
für oivkoume,nh h` me,llousa einen locus classicus der Apokalyptik
aufgreift (vgl. z. B. 4 Esr 7,50.111f; syrBar 83,8; siehe auch Mt
12,32 [evn tw/| me,llonti aivw/ni]; Mk 10,30 par [evn tw/| aivw/ni tw/|
evrcome,nw|]; Eph 1,21 [evn tw/| me,llonti\aivwn/ i]), der einen “zukünf-
tigen Äon” meint, welcher sich erst am Ende der alten Zeit offen-
baren wird (vgl. z. B. 4 Esr 7,26; syrBar 4,3). Dafür, dass die oivkoume,nh
h` me,llousa in Hebr 2,5 eine eschatologische Welt meint, die erst
mit der Parusie des Sohnes auf der Erde und seiner vollendeten
Königsherrschaft im Sinne der verheissenen Weltherrschaft (vgl.
z. B. Hebr 1,2; 10,13) hervortritt, spricht weiter die Tatsache, dass,
obwohl Gott die oivkoume,nh h` me,llousa nach Hebr 2,5 dem Sohn
bereits “unterworfen hat” (u`pe,taxen), diese Unterwerfung nach
Hebr 2,8c noch sichtbar werden muss (Nu/n de. ou;pw o`rw/men
auvtw/| ta. pa,nta u`potetagme,na). Nach Mackie geht es hier um den
sichtbar-irdischen Raum, wenn er im Bezug auf Hebr 2,8 sagt: “An-
66
Man könnte die Wendung auch als einen Rückgriff auf das Zitat in Hebr
1,13 sehen (vgl. z. B. RISSI, Theologie, 50) oder auf das Zitat in Hebr 1,12,
wo von einer zukünftigen Verwandlung der Welt die Rede ist (vgl. 12,27!);
Braun bezieht sie auf die in 2,3 beschriebene swthri,a (Hebräer, 52).
67
Vgl. EISELE, Unerschütterliches Reich, 64, 58.
68
Vgl. A. PORTALATIN, Temporal Oppositions as Hermeneutical Catego-
ries in the Epistle to the Hebrews (EHS 23/833; Frankfurt 2006) 193-199.
69
Siehe dazu auch RISSI, Theologie, 129 und E. ADAMS, “The Cosmology
of Hebrews”, The Epistle to the Hebrews and Christian Theology (eds. R.
BAUCKHAM – D. DRIVER u. a.) (Grand Rapids, MI 2009) 137-138.
70
So auch RISSI (Theologie, 18, 44).