Wolfgang Schütte, «Die Entstehung der juda-exilischen Hoseaschrift», Vol. 95 (2014) 198-223
The book of Hosea was composed a short time after the Assyrian conquest of Israel and by a group of Israelites that had fled to Judah. The kernel of the book comes from a series of critical statements about cultic personnel and Israel's society. The book integrated later reflections on national guilt and tried to infuse religious hope to the Israelite refugees in Judah.
03_Schutte_198-223 15/07/14 12:17 Pagina 219
DIE ENTSTEHUNG DER JUDA-EXILISCHEN HOSEASCHRIFT 219
VIII. Die pädagogische Vermittlung II
Hosea 3 setzt voraus, dass die Zeit des Exils für Israel lange an-
dauern wird. Berücksichtigt man die Projektion der Aussage in die
längst vergangene Zeit des Propheten, so rechtfertigt die Erzählung
offenkundig eine lange Exilszeit, in der Israel sich besinnen muss
– separiert von allem heimatlich Vertrauten. “Umkehr” wird theo-
logisch in neuer Weise als eine Bewegung gefasst, die Israel zu-
künftig vollzieht 62. Die Gerichtsankündigung wird auf dem bereits
in Hosea 2 eingeschlagenen Weg pädagogisiert und auf zwei zu er-
reichende Ziele fixiert: Israels Hinwendung zu seinem Gott — und
zu dem Judäer David als seinem König (Hos 3,5 bwv).
Die angestrebte Gottes- und Selbsterkenntnis ist auch nach “vielen
Tagen” (Hos 3,4) nicht erreicht worden. Die Tradenten der Hosea-
schrift haben in Juda jedoch zwischenzeitlich eine weitere Annähe-
rung an das davidische Königshaus vollzogen (vgl. Hos 2,2) 63. Eine
Verbindung beider Interessen erschien für sie erfolgversprechend. Es
lässt sich nicht nachweisen, ob diese Einschätzung zutreffend war.
Dafür spricht jedoch, dass die Hoseaschrift in den biblischen Kanon
aufgenommen wurde. Dies impliziert ihre Rezeption und allgemeine
Anerkennung. Tatsächlich bildet Hosea den Auftakt der Sammlung
der Zwölf-Propheten-Schriften. Damit darf eine grundlegende Be-
deutung von Hosea für die Traditionsbildung angenommen werden.
Schließlich zeigt das Jeremiabuch, wie der junge Jeremia und seine
Tradenten über ein Jahrhundert nach Israels Katastrophenjahr 720
v.Chr. in Juda von hos. Gedankengut beeinflusst waren. Zu dieser
Rezeption gehörten neben hos. Ideen die markante Aufnahme der
Wendung “Abtrünnigkeit” (hbwvm, Hos 11,7; 14,5), sowie sprachli-
che Berührungen des Jeremiabuches mit Hosea 3 64.
62
A. GRAUPNER, Art. bwv, TWAT VII, 1144-1145.
63
Im Doppelwerk der Hos-Am-Schrift rahmt der Bezug auf die davidische
Dynastie die Reflexion der Geschichte Israels (Hos 1,2 – 2,3; Am 9,7-15);
vgl. SCHÜTTE, “Amosschrift”, 537.
64
Terminologisch weist in Hos 3,1 die Wendung “fremde Götter” (~yrxa ~yhla)
deutlich in einen deuteronomistischen Kontext; neben dem Pentateuch und
den Erzählwerken fallen die einzigen prophetischen Belege in Jer auf. Auch
der in Hos 3,1 erwähnte “Rosinenkuchen” (~ybn[ yvyva) hat offensichtlich
einen besonderen Stellenwert in Verbindung mit den fremden Göttern und
findet sich in Jer 7,18; 44,15-23 in Verbindung mit den Opfergaben für die
“Himmelskönigin”. Nach CH. UEHLINGER, “Die Frau im Efa (Sach 5,5-11)”,