Klemens Stock, «Die Inspiration der Heiligen Schrift nach dem Johannesevangelium», Vol. 96 (2015) 525-549
Taking as a point of reference the recent document of the Pontifical Biblical Commission, Inspiration and Truth of Sacred Scripture, this article examines how the Gospel of John gives evidence of its inspiration by having its origin from God. Every reference to God is made through the person of Jesus. Therefore, the relationship between Jesus and his disciples is of fundamental importance for understanding the origin of this Gospel. Whereas abstract statements about inspiration can sometimes lead the reader in a false direction, the testimony of the Gospel itself is able to foster a suitable way of reading and approaching the Sacred Scriptures.
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die durch ihn allein mitgeteilt wird. Immer wird die Offenbarung
aufgenommen durch den Glauben an ihn, zu dem der Vater zieht
(6,44), und durch die Belehrung des Geistes der Wahrheit, den Vater
und Sohn senden (14,16.26; 15,26). Einen Unterschied gibt es
darin, ob das Verhältnis zu Jesus, dem Offenbarer, und seiner Offen-
barung direkt oder vermittelt ist.
Allein die Jünger Jesu, die er erwählt hat, damit sie Frucht bringen
(15,16) und die von Anfang an bei ihm waren und von ihm Zeugnis
geben sollen (15,27), stehen in einem direkten Verhältnis zu ihm
und haben seine Offenbarung unmittelbar von ihm empfangen;
auch sie nur im Glauben und durch die Belehrung (14,26) und mit
dem Zeugnis (15,26) des Heiligen Geistes. Was die von Jesus ausge-
wählten Jünger von den anderen unterscheidet ist das Sehen (vgl.
20,29 und 20,30), ihr Zugang zur Offenbarung. Ihnen allein ist gegeben:
das unmittelbare Sehen, Hören, Erleben des offenbarenden Wirkens
Jesu (1,14; 1 Joh 1,1-4). Durch dieses Sehen kommen sie zum
Glauben; so sagt Jesus, der Auferstandene, zu Thomas: “Weil du
mich gesehen hast, glaubst du” (20,29; vgl. 1,14; 19,35). Was sie
gesehen haben, bezeugen sie, voll Glauben und nach dem Zeugnis
des Geistes der Wahrheit (15,26-27), durch ihr Wort (17,20) und
durch das Geschriebene (20,31), um so zu dem Glauben und zu
dem Leben zu führen, die ihnen selber geschenkt sind. Was den
Jüngern Jesu durch die Offenbarung Jesu im unmittelbaren Sehen
und Erleben geschenkt wurde, ist in seinem Vorgang auf sie beschränkt
und ist für immer der Ausgangspunkt und der Inhalt für das nach-
folgende Zeugnis. Das Erstzeugnis geschieht durch die Offenba-
rungsempfänger, die Jünger selbst, in Wort (17,20) und Schrift (20,31).
Alle anderen sind diejenigen, die durch das Wort der Jünger
(vgl. 17,20) die Offenbarung Jesu erhalten und ihr entsprechend an
Jesus glauben. Sie werden auf diesem Weg zu Empfängern und
Kennern derselben Offenbarung, die den Jüngern direkt geschenkt
war, und sie können diese im Glauben aufnehmen und auf Glauben
hin weitergeben. Nicht nur für die Jünger, sondern auch für sie alle
hat Jesus am letzten Abend gebetet: “Aber ich bitte nicht nur für
diese hier, sondern auch für alle, die durch ihre Wort an mich glauben”
(17,20).
In der Generation der Jünger ist es möglich, das Wort der Augen-
zeugen direkt zu hören und ihre Schüler zu sein. Zu ihnen gehört
wohl Lukas, der das (zum Teil auch schon schriftlich niedergelegte)
Zeugnis der Augenzeugen und Diener des Wortes (die von Jesus