Klemens Stock, «Die Inspiration der Heiligen Schrift nach dem Johannesevangelium», Vol. 96 (2015) 525-549
Taking as a point of reference the recent document of the Pontifical Biblical Commission, Inspiration and Truth of Sacred Scripture, this article examines how the Gospel of John gives evidence of its inspiration by having its origin from God. Every reference to God is made through the person of Jesus. Therefore, the relationship between Jesus and his disciples is of fundamental importance for understanding the origin of this Gospel. Whereas abstract statements about inspiration can sometimes lead the reader in a false direction, the testimony of the Gospel itself is able to foster a suitable way of reading and approaching the Sacred Scriptures.
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gesandten Verkündiger vgl. Apg 6,4) zusammenstellt und weitergibt.
Später wird ihr Wort und Zeugnis und in ihnen die Offenbarung
Jesu in dem geschriebenen Wort der Verfasser der Schriften des
Neuen Testaments und im mündlichen Wort der jeweils lebenden
gläubigen Verkündiger empfangen.
Nach allem, was wir feststellen konnten, können wir sagen: Offen-
barung ist das, was Jesus vor den Augen seiner Jünger sagt und tut
und was er ihnen dadurch mitteilt (durch die Zeichen offenbart er
ihnen seine Herrlichkeit); diese Offenbarung empfangen die Jünger
direkt von ihm und alle anderen indirekt durch das Zeugnis der Jünger
(und ihrer Schüler) durch die Generationen hindurch. Inspiration
ist das vielfältige Wirken des dreifaltigen Gottes, wie es im Johannes-
evangelium sichtbar wird; zu allen Zeiten und bei allen Menschen
ist es nur durch dieses Wirken möglich, im Glauben die Offenba-
rung Jesu aufzunehmen und sie im Glauben zu verkündigen. Es
zeigt sich hier, dass die Inspiration als das Wirken des dreifaltigen
Gottes nicht ein Geschehen ist, das sich auf Gott und den Verfasser
des Johannesevangeliums beschränkt, sondern dass sie immer und
überall zur Beziehung zwischen Gott und den Menschen gehört,
wo auch immer seine Offenbarung gläubig verkündet und ange-
nommen wird. Gott bewirkt die ständige lebendige Verkündigung
und Weitergabe seiner Offenbarung in der Kirche und ihre Auf-
nahme durch die Glaubenden aller Zeiten. So teilt er seine Wahrheit
mit und schenkt Leben und Heil.
Was den Verfasser des Johannesevangeliums angeht, können wir
seiner Schrift, soweit wir feststellen konnten, nicht entnehmen, dass
Gott noch auf eine andere Weise an ihm gewirkt hat. Aber nach dem
Zeugnis dieser Schrift ist Gott der Vater ihre Erst- und Hauptursache,
weil er die Erst- und Hauptursache der Offenbarung durch seinen
Sohn Jesus Christus und auch ihrer Aufnahme im Glauben der Jünger
und ihrer Weitergabe durch die Verkündigung der Jünger in Wort
und Schrift ist.
Der Unterschied zwischen dem Johannesevangelium als Schrift
und anderen Formen und Vorgängen der Verkündigung der Offen-
barung Gottes scheint nicht in der Inspiration zu liegen, so wie sie
uns in diesem Evangelium sichtbar wurde. Das Besondere des Johan-
nesevangeliums und der anderen Schriften (zunächst des Neuen Testa-
ments) scheint darin zu bestehen, dass sie von der Kirche als
normativ und kanonisch, als wirklich gelungene und vorbildliche
Verkündigung der Offenbarung Gottes, erkannt und anerkannt wurden.