Ulrich Victor, «Textkritischer Kommentar zu ausgewählten Stellen des Matthäusevangeliums», Vol. 22 (2009) 55-90
In a contaminated manuscript tradition there is no such thing as a 'good' manuscript or a 'good' group of manuscripts. The right reading may be found anywhere in this tradition, even in the smallest parts. There is no other means of deciding between different readings than the tools of philology, and every variant of the text must be considered as a unique case. This will be demonstrated in 33 variants of the text of Matthew's Gospel.
Textkritischer Kommentar zu ausgewählten Stellen des Matthäusevangeliums 81
Geschichte gehört. Ohne sie verlöre die Geschichte einen gewichtigen Teil
ihres Witzes, der darin liegt, dass der Hörer oder Leser als Hintergrund-
information erfährt, dass die Sadduzäer nur in dieser Geschichte, d.h. nur
um Jesus zu fangen, einen Standpunkt einnehmen, der gar nicht der ihre
ist.
Wer den Text ohne oi`` für den originalen hält, verkennt die literarische
Qualität der Geschichte.
Da sich die Lesart von a* B etc. außerdem leicht als Haplographie
erklären lässt, verbietet es sich, an ihr festzuhalten.
Mt 22, 35
ei-j evx auvtw/n @nomiko,j#
nomiko,j ist in der Tat zu streichen. Es gehört nicht in den Text, je-
doch in erster Linie nicht aus den von Metzger32 genannten, sondern aus
sprachlichen Gründen: Nach ei-j evx auvtw/n findet sich in der gesamten
griechischen Literatur kein einziges Beispiel einer solchen zusätzlichen
Berufsbezeichnung, sondern, in sehr seltenen Fällen, immer nur Eigenna-
men, z.B. Dion.Hal., Ant. Rom. 11, 21, 4 ei-j evx auvtw/n :Appioj) Das Wort
muss aus Lk 10,25 hier eingedrungen sein.
Mt 23, 14
Ouvai. u`mi/n( grammatei/j kai. Farisai/oi( u`pokritai,( o[ti katesqi,ete ta.j
oivki,aj tw/n chrw/n( kai. profa,sei makra. proseuco,menoi\ dia. tou/to lh,yesqe
perisso,teron kri,maÅ
Dieser Vers ist Teil des Originaltextes:
1. Der Verlust des Verses in Teilen der Überlieferung ist durch Homoi-
arkton hinreichend erklärt. Jedes Glied einer Reihe, hier von Weherufen,
ist in einer handschriftlichen Überlieferung an sich schon gefährdet; hier
kommt das Homoiarkton noch hinzu. Es ist im übrigen psychologisch
gut verständlich, dass das zweite Glied einer Reihe durch das Versehen
eines Schreibers ausfällt, weil er erst nach dem zweiten Glied weiß, dass
es sich um eine Reihe handelt.
2. Gegen die Interpolation aus Mk 12,40 oder Lk 20,47 spricht der
deutlich unterschiedliche Wortlaut gegenüber beiden. Es ist im Gegenteil
plausibel, dass ein Text, der sich sowohl bei Markus als auch bei Lukas als
auch - in anderem Wortlaut! – bei Matthäus findet, zum gemeinsamen
Stoff der Synoptiker gehört. Es ist dagegen in keiner Weise plausibel,
dass in die ohnehin schon lange Reihe der Weherufe bei Matthäus 23,13-
32
B. M. Metzger, The Text 239f..