Ladislav Tichy, «Was hat Zachäus geantwortet? (Lk 19,8)», Vol. 92 (2011) 21-38
The present tense forms di/dwmi and paradi/dwmi in Lk 19,8 are mostly considered as futuristic. Another view interprets them as iterative or customary. In order to discover their right meaning one has to pay attention to signals in the immediate context. The strongest signal is the expression ta\ u/pa/rxonta, which must mean «possessions» or «property». Already from this term the first readers/hearers must have concluded that Zacchaeus wanted to make a decision concerning his future life. Other signals in the context (including the form di/dwmi itself used in last wills) confirm this interpretation.
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WAS ZACHÄUS GEANTWORTET ? (LK 19,8)
HAT
erzählen wollte, passt nicht in den Kontext. Ebenso wenig konnten
die ersten Leser an ein “regelmäßiges†Loswerden der Hälfte des
Vermögens vonseiten des Zachäus denken, weil das im Kontext für
sie keinen logischen Sinn gab 18. Alles ist mit der Bedeutung des
Begriffs ta yparxonta gegeben. Die Vertreter der iterativen
ùΩ¥
Bedeutung der Präsensverbformen in Lk 19,8 müssen voraussetzen,
dass ta yparxonta “ Einkommen †bedeutet 19. Das ist aber nicht
ùΩ¥
möglich. Jedenfalls würden die ersten Leser ta yparxonta nie in
ùΩ ¥
diesem Sinn verstanden haben. Das Verb yparxw bedeutet
Ω¥
“ existieren, vorliegen, vorhanden sein, zur Verfügung stehen†20.
Die substantivische Wendung ta yparxonta bezeichnet dann das,
ùΩ ¥
was vorliegt, was vorhanden ist, was jemandem zur Verfügung
steht. In Verbindung mit einer Person handelt es sich einfach um
jemandes Besitz, Eigentum, Habe oder Vermögen. Wenn z. B.
Mitchell 21 Lk 8,3; 12,33; 14,33 und Apg 4,37 anführt, um zu
zeigen, dass “the meaning of yparxonta could include incomeâ€,
Ω¥
ist das einfach irreführend und falsch. “Vermögen†ist all das, was
jemand hat, besitzt, was ihm gehört. Was dieses Vermögen vergrö-
ßert und vermehrt, ist ein Einkommen. Wenn beides sich vereinigt,
ist nur das Vermögen real da. Aber begrifflich handelt es sich
immer um zwei verschiedene Dinge. An keiner der von Mitchell
genannten Stellen kann man ausschließlich an ein Einkommen
denken. Immer geht es um das, was jemandem gehört, d. h. um
Das war für sie schon mit dem “reichen†Oberzöllner schwer vereinbar.
18
Aber auch in sachlicher Hinsicht war so etwas für sie kaum vorstellbar.
WOLTER, Lukasevangelium, 613-614., hält es für “ausgeschlossen, dass jemand
regelmäßig die ‘Hälfte’ seines Vermögens weggeben kannâ€. Passend bemerkt
er, dass eine solche Behauptung mit Spezifikationen (“alle zehn Jahre†o. ä.)
versehen sein müsste. Die ersten Leser würden auch so etwas nicht erwartet
haben. In der Tat gibt es in den Worten des Zachäus keine solche Umstands-
angabe.
So schon GODET, Commentaire, II, 338: “Par la moitié de ses biens,
19
Zachée entend naturellement la moitié de ses revenusâ€. Es ist interessant, dass
z. B. Fitzmyer in seinem Lukaskommentar die Problematik von ta ypar- ùΩ¥
xonta nicht diskutiert. Er übersetzt im Text von Lk 19,8 “half of what I ownâ€
(FITZMYER, Luke X-XXIV, 1218), spricht dann auch von Zachäus’ “posses-
sions †(FITZMYER, Luke X-XXIV, 1221), aber sonst tut er, als wäre das für
seine habituelle Interpretation kein Problem.
Vgl. die Wörterbücher: BAUER 1669-1670 ; BDAG, 1029; F. MONT-
20
ANARI, Vocabolario della lingua greca (Torino 1995) 2071.
MITCHELL, “Zacchaeusâ€, 155.
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