Jan-Dirk Döhling, «Gott und die Gier. Altorientalisch-alttestamentliche Erkundungen eines aktuellen Begriffs.», Vol. 94 (2013) 161-185
The greed motif is found in biblical and in ANE texts. The Baal Cycle characterizes Mot, the god of death and drought, as a destroyer of life. With in Ugarit’s polytheistic system, Mot is nonetheless essential for agricultural growth. Mot’s greed is, thus, a terrible, yet inevitable, factor. The analysis of (lb (to devour, swallow) in the Hebrew Bible reveals a significant alteration. In the Old Testament, “greed” is a negative human attitude in socio-economic conflicts. In opposing greed the God of Israel addresses those who practice it and those who suffer from it as human beings.
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Dies spiegelt zweifellos Erfahrungen von sommerlichem Was-
sermangel, Hitze und Dürre, die Mensch, Flora und Fauna den Tod
bringen können. Doch gewinnt Mots zum überlebensgroßen Gier-
subjekt personifizierte Macht ihr volles Profil erst, wenn man er-
kennt, dass sie mehr ist als mythische Meteorologie. Sie ist als
todbringende Dürre agro-ökonomisch notwendig, denn so wichtig
Regen und Potenz, also Baal, für die Vermehrung des Viehs und
das Keimen der Saat sind, so unverzichtbar ist agrokulturell auch
Mots an sich lebensverzehrende Macht, da “ohne Dürre und Hitze
[...] keine gute Ernte möglich [ist], da die Reifung zu langsam geht
oder gar nicht einsetzt†19. Womöglich ist Mot daher mitunter gar
als Getreidegott charakterisiert 20.
So begründet buchstäblich das Wachstum, dass sich Mot und
Baal nicht nur nicht besiegen können, sondern auch nicht dürfen
(KTU 1.6 VI, 17-22): Am Ende des Mythos tritt die Sonnengöttin
Schapschu auf. Sie tadelt Mot, doch betont sie besonders, dass Mot
und Baal in jeweils zu respektierenden Beziehungen zum Götter-
vater Ilu stehen (KTU 1.6 VI, 22-32) 21. Vor diesem höheren Forum
wird die Pattsituation festlich besiegelt (KTU 1.6 VI, 33-44). Die
Gegner erhalten zwei konzeptionell begrenzte, latent konkurrie-
rende, sich (nur) temporal überlappende Machtsphären. Diese
“wechselseitige Selbstbeschränkung†stabilisiert das Pantheon und
entspricht ihrerseits “einer genauen kulturellen Wahl des Menschen
[...], dessen existentielle Interessen in der religiösen Vorstellung
einen Reflex finden†22.
Zitat nach GULDE, Tod, 100. Fast wortgleich formuliert KTU I.5,2-6:
18
“[Eine Lippe zur Er]de /Scheol (...rs.) eine Lippe (spt) zum Himmel (smm),
[er setzt] die Zunge zu den Sternen (lkbkbm). Er [sc. Baal, JDD] wird ein-
treten in sein Innerstes (bkbdh), in seinen Mund geht er hinab (yrd) wie eine
feuergetrocknete Olive, wie ein Produkt der Erde und die Frucht der Bäume.
[...]†(GULDE, Tod, 89; DIETRICH – LORETZ, Mythen, 1176).
GULDE, Tod, 115.
19
Hierauf weist womöglich Anats Sieg über Mot, die ihn analog zum Ern-
20
ten, Mahlen und Aussäen des Getreides behandelt (KTU 1.6 II 31-37; KTU
1.23,8ff, dazu NIEHR, Religionen, 35-36; HEALEY, Mot, 599). Trifft dies zu,
wäre zu fragen, ob die Metaphorik des Todes als Saat, auf den Tod selbst
gemünzt, schon sein Wiederaufkeimen, also Mots Rückkehr impliziert.
SMITH – PITARD, Cycle II, 53; H. NIEHR, “Zur Frage der Filiation des
21
Gottes Bacal in Ugaritâ€, JNSL 20 (1994) 165-177.
Cf. P. XELLA, “Die ugaritische Religion. Methodologische und kul-
22
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