Hanna Stettler, «Die Bedeutung der Täuferanfrage in Matthäus 11,2-6 par Lk 7,18-23 für die Christologie», Vol. 89 (2008) 173-200
Jesus’ messianic self-understanding has been put into question from Bultmann’s day to the present. If he did not think of himself as the Messiah, we would be left with the riddle of a Jesus who never actually said who he claimed to be. However,
Jesus’ reply to the inquiry of John the Baptist in Mt 11,2-6 par is an important clue to his own understanding of his mission. A careful reconsideration of the criteria
for authenticity leads to the conclusion that Jesus claimed to be not simply a prophet announcing the kingdom, but the Messiah who healed and brought good news to the poor, thus doing what in the OT God had promised to do at the end of
time. 4Q521 confirms that ancient Judaism expected this kind of miracle to occur at the time of the Messiah.
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den Menschen, den wird auch der Menschensohn bekennen vor den
Engeln Gottesâ€. Auch hier entscheidet sich an der Stellung zur Person
Jesu das Schicksal eines Menschen im Eschaton (71).
Was die Echtheit von Mt 11,2-6 betrifft, können wir also festhalten.
Es lässt sich wahrscheinlich machen, dass die Verse 4-6 auf Jesus
zurückgehen, und zwar in dem geschichtlichen Kontext, in dem sie uns
überliefert sind.
4. Die Bedeutung der Täuferanfrage für die Christologie
a) Eine notwendig indirekte, aber deutliche christologische
Aussage
Darf man davon ausgehen, dass die Passage Anhalt an einer
Begebenheit aus dem Leben Jesu hat, wird sie zu einem Schlüsseltext
für Jesu Selbstverständnis. Freilich legt Jesus sich hier keinen
christologischen Titel bei. Eine direkte, bejahende Antwort wäre auch
gar nicht möglich gewesen. Erstens hätte sie zu viele
Missverständnisse unter seinen Anhängern und das Einschreiten von
Herodes Antipas hervorgerufen (72) und zweitens ist es von der
alttestamentlich-jüdischen Tradition her unmöglich, sich selbst als
Gottessohn auszurufen. Auch das Matthäusevangelium lässt trotz
seines klaren Bekenntnisses zu Jesus als dem Messias Israels noch
(71) Eine weitere Parallele liegt in dem von einigen namhaften Forschern für
authentisch gehaltenen Logion am Schluss des Gleichnisses von den Winzern vor:
Lk 20,17-19 par Mt 21,43-45. Es handelt sich um ein Rätselwort, nicht um eine
klare messianische Aussage. Das spricht für die Echtheit, denn “gerade die Ent-
und Verhüllung der Messianität in einem ist charakteristisch für Jesus und Zeichen
alter Überlieferung†(R. RIESNER, Jesus als Lehrer [WUNT II/7; Tübingen 21984]
301). Mt 21,44 lautet nach der Ãœbersetzung von U. LUZ, Das Evangelium nach
Matthäus (EKK I.3; Neukirchen-Vluyn – Zürich 1997) 216: “Und wer auf diesen
Stein fällt, wird zerquetscht werden, auf wen er fällt, den wird er zermalmenâ€. Es
handelt sich um ein Mischzitat aus Jes 8,14 und Dan 2,34f.44f. In Jes 8 ist “der
Stein, an dem man zu Fall kommtâ€, Gott selbst, in Dan 2 ist der Stein, der alles
zermalmt, die von Gott errichtete ewige Basileia. “The passage was regularly
interpreted, from at least as early as the first century, to refer to the Messiah, and to
the kingdom that would be set up through him… Josephus at least regarded Daniel
2, 7 and 9 as referring together to the great coming day of the messianic kingdom
through which Israel would at last rule the world†(WRIGHT, Jesus and the Victory,
500). Vom Kontext her ist völlig eindeutig, dass Jesus dies hier auf sich und seinen
Anspruch bezieht. Der Stein, an dem die Schriftgelehrten und die Hohenpriester
sich stoßen, ist er selbst mit seinem Anspruch, nicht nur einer der Knechte des
Weinbergbesitzers zu sein, sondern der Sohn.
(72) Vgl. FITZMYER, The One who is to Come, 139.