Wolfgang Schütte, «Israels Exil in Juda und die Volkersprüche in Am 1-2», Vol. 92 (2011) 528-553
For the composition of the oracles against the nations (Am 1,3–2,16) one historical background can be described. The disaster of the end of Israel 720 BCE was taken into consideration by Israelites living in a Judaean exile. Sorrow about Israelites deported to Edom, perhaps for working in copper mines, is connected with the threat of violence from neighbouring countries who kept some autonomy under the Assyrian reign. The oracles of Judah and Israel tell about religious and social problems in the Judaean exile as seen by the Israelite heirs of Amos’ and Hosea’s prophecies.
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ISRAELS EXIL IN JUDA UND DIE VÖLKERSPRÜCHE IN AM 1-2
Bedrängnis in Edom traf, so haben die Assyrer möglicherweise Is-
raeliten als Bergwerkssklaven nach Edom verschieben lassen. Eine
solche Hypothese könnte die logistische Leistung von Tyrus und
Gaza wie die heftige Kritik an Edom erklären. Da jedoch keine ar-
chäologischen Nachweise vorliegen, können bislang nur Indizien
gesammelt und Einwände bedacht werden.
Assyrische Quellen nennen nur Deportationen ins assyrische
Kernland 59. Bei diesen Deportierten handelte es sich zumeist um
höherstehende gesellschaftliche Gruppen und Fachleute, die sich
der assyrische Staat zu eigenen Zwecken sicherte. Man darf jedoch
fragen, ob einfache Bevölkerungsschichten, wenn sie in die Berg-
werke eines randständigen Vasallen deportiert wurden, gleiche re-
gierungsamtliche Wahrnehmung erfuhren.
Unsere Kenntnis über antike Minenarbeiter ist beschränkt. Berg-
bau zählte in der Antike zu den elendesten Sklavenarbeiten. Am
besten bekannt sind die Arbeits- und Lebensbedingungen der Berg-
werkssklaven im attischen Laureion. Seit dem 5. Jh. v.Chr. wurde
dort von geschätzten 10.000-30.000 Sklav(inn)en Silber für Athen
gewonnen 60. Über die Zustände in anderen antiken Bergbaugebie-
ten gibt es kaum Informationen. Diodoros (1. Jh. v.Chr.) zeichnet
ein Bild von der Härte und Grausamkeit des Lebensschicksals, das
Menschen im ptolemäischen Goldbergbau in Nubien widerfuhr 61.
Männer, Frauen und Kinder waren unter strenger Bewachung zur
Arbeit gezwungen, die nur durch Tod endete. Neben Kriegsgefan-
genen, einem der ältesten Reservoire für Sklaven 62, wurden nach
Diodoros oft aus nichtigem Anlass verurteilte Häftlinge in die Berg-
werke geschickt. Beide Entscheidungen sind gleichfalls aus rö-
mischer Zeit bekannt und betrafen auch den Bergbau in Edom 63.
59
Vgl. ODED, Deportations.
60
Vgl. C.W. WEBER, Sklaverei im Altertum (Düsseldorf 1981) 179-189. In
den spanischen Silberminen von Carthago Nova sollen im 2. Jh. v.Chr. gar
40.000 Sklaven gearbeitet haben: Polybios bei Strabo III 2,10; Diodoros V 36,4.
61
Diodoros III 12-13.
62
MENDELSOHN, Slavery, 1.
63
Während der diocletianischen Verfolgung wurden Christen zur Zwangs-
arbeit in den Bergwerken bei Feinan, verurteilt, vgl. Eusebius, hist. eccl.
8,13.5 und Von den Märtyrern in Palästina V, VII-IX, XI, XIII. Weitere Kir-
chenväterbelege s. W. GEERLINGS, “Ins Bergwerk verurteilt – die damnatio
ad metallaâ€, Der Anschnitt 35 (1983) 130-136; “Zum biblischen und histori-
schen Hintergrund der Bergwerke von Fenan in Jordanienâ€, Der Anschnitt