Lukas Stolz, «Das Einführen des Erstgeborenen in die 'oikoumene' (Hebr 1,6a)», Vol. 95 (2014) 405-423
The meaning of the firstborn's ei)vsagwgh/ into the oi)koume/nh in Hebrews 1,6a is greatly disputed. Proposed interpretations are the presentation of the Son after the creation, his incarnation, his baptism, his exaltation and his parousia. The arguments seem to speak for the lastmentioned and against the currently very popular exaltation reading.
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ein in der Vergangenheit Verhafteter dargestellt werden sollte 55
(gegen Eisele). Für einen zukünftigen Zeitpunkt aus Sicht des auctor
ad Hebraeos spricht m. E. auch, dass bei Zusagen Gottes an den
Sohn in Hebr 1,5-13, die auf ein heilsgeschichtliches Ereignis in
der Vergangenheit zielen, das alttestamentliche Zitat jeweils mit
dem Reden Gottes in einer Vergangenheitsform eingeführt wird
(vgl. V.5 56 und V.13 57), bei die Gegenwart und/oder die Zukunft
betreffenden Zusagen aber ― wie in Hebr 1,6! ― die Gegenwartsform
steht (vgl. VV.8-9.10-12 58).
Kurz zusammengefasst, spricht das (aus der Sicht des auctor ad
Hebraeos) zukünftige Einführen des Erstgeborenen in die oivkoume,nh
mehr für die Parusie als für die Erhöhung 59. Die Frage ist nun, ob
diese Tendenz nach einer Auswertung der anderen Argumente
bestehen bleibt.
2. Der Kontext
Wie gesehen, ist das grundlegendste Argument, das für die Er-
höhungsthese angebracht wird, der Kontext, der in Hebr 1,2-13
durchwegs von der Inthronisation spreche. Dass in diesen Versen
tatsächlich die Erhöhung Christi zur Rechten des Vaters immer
wieder ein Thema ist (explizit in Hebr 1,2b.3c.4a.13; implizit vielleicht
in 1,5a), ist unbestritten. Die Wahl der Zitate in Hebr 1,8-9 und
1,10-12 kann jedoch auch mit dem Ziel der Gegenüberstellung der
Unveränderlichkeit des Sohnes und der Veränderlichkeit der Engel
55
Insofern Gott in der Vergangenheit gegenwärtig (le,gei) auf die Zukunft
hin reden würde.
56
“[Z]u welchem der Engel hat er jemals gesagt (ei=pen)”; das nachfol-
gende Zitat aus Ps 2,7 bezieht sich wahrscheinlich auf die Erhöhung des Soh-
nes; aber auch andere Ereignisse der Vergangenheit sind nicht gänzlich
ausgeschlossen (zu einer Übersicht vgl. ELLINGWORTH, Hebrews, 113-114).
57
“[Z]u welchem der Engel hat er jemals gesagt (ei;rhken)”; das an-
schliessende Zitat aus Ps 110,1 steht offensichtlich im Zusammenhang mit
der Erhöhung bzw. Inthronisation des Sohnes (vgl. Hebr 1,3d).
58
Beide Zitate knüpfen an das le,gei in V.7 an; sie beziehen sich beide
auf die gegenwärtige und/oder zukünftige Herrschaft Christi.
59
le,gei würde dann für das gegenwärtige Reden Gottes in der Zukunft
stehen: “(Zu dem Zeitpunkt,) wenn er aber den Erstgeborenen einführen wird
in die Welt, sagt er … ”.