Karl Matthias Schmidt, «Bekehrung zur Zerstreuung. Paulus und der äthiopische
Eunuch im Kontext der lukanischen Diasporatheologie», Vol. 88 (2007) 191-213
Although the baptism of the Ethiopian is merely a baptism with water he can continue on his way to the south to await the power of the Holy Spirit at the ends of the earth. This return to Ethiopia is quasi a converse pilgrimage of the nations.
The new dispersion of the Jews among the nations is opposed to the OT prophecy of an assemblage on the Zion. Paul has to be converted to this new understanding of diaspora. He abandons the idea of an assemblage of captured Christians in Jerusalem and goes himself as a captive into exile. With his arrival in Rome a new Babylonian captivity of salvation is realized.
Bekehrung zur Zerstreuung
Paulus und der äthiopische Eunuch im Kontext der
lukanischen Diasporatheologie
Die Verkündigung des Evangeliums außerhalb Jerusalems wird von
Lukas unmittelbar mit der Zerstreuung der Jerusalemer Gemeinde
verbunden (Apg 8,1.4; 11,19). In dieser Dynamik manifestiert sich ein
Leitthema der Apostelgeschichte. Die Diaspora ist im Gegensatz zur
alttestamentlichen Prophetie positiv konnotiert, sie wird nicht länger
als Gericht, sondern als Weg des Heils verstanden. Die Sendung
Christi nötigt den Menschen des “Weges†daher einen Rich-
tungswechsel ab, der sie in eine heilvolle Zerstreuung führt. Diese
Bewegung, die von Jerusalem weg und nicht etwa zum Zion hin führt,
kommt besonders deutlich in den Reisewegen einzelner Erzählfiguren
zum Ausdruck. Indem sie ihren Reiserouten ein anderes Ziel geben,
ziehen der Äthiopier und Paulus den Grenzen der Erde entgegen, um
als Zerstreute zu leben.
Ein erster Abschnitt dient der Vergewisserung, dass Lukas den
äthiophischen Eunuchen als Heiden skizziert, der zwar die Taufe, aber
nicht den Geist empfängt und die Gabe Gottes daher an seinem
Bestimmungsort erwarten darf (1). Im Anschluss daran wird der Weg
des Äthiopiers nach Süden als Umkehrung der alttestamentlichen
Völkerwallfahrt beschrieben (2). Die beiden letzten Abschnitte
nehmen die Bekehrung des Völkerapostels zur Zerstreuung (3) und die
Realisierung seiner Berufung im römischen “Exil†(4) in den Blick.
1. Die Wassertaufe des Äthiopiers
Schon mit der Mission des Evangelisten Philippus (1) in Samaria
waren die Grenzen einer Evangeliumsverkündigung, die sich am
(1) Die Frage, ob der Evangelist Philippus ursprünglich mit dem Apostel
identisch war und erst Lukas die Traditionen vom Apostel löste und einem der
Sieben zuschrieb, wie C.R. MATTHEWS, Philip – Apostle and Evangelist.
Configurations of a Tradition (NT.S 105; Leiden – Boston – Köln 2002),
aufgrund des Evangelienmaterials und der Traditionen des zweiten Jahrhunderts
meint, kann für die Analyse der lukanischen Erzählstruktur außer Acht bleiben.
Lukas identifiziert den Evangelisten Philippus in Apg 21,8 ausdrücklich mit dem
Mitglied des Siebenerkreises, um ihn so vom Apostel zu unterscheiden. Als