Karl Matthias Schmidt, «Bekehrung zur Zerstreuung. Paulus und der äthiopische
Eunuch im Kontext der lukanischen Diasporatheologie», Vol. 88 (2007) 191-213
Although the baptism of the Ethiopian is merely a baptism with water he can continue on his way to the south to await the power of the Holy Spirit at the ends of the earth. This return to Ethiopia is quasi a converse pilgrimage of the nations.
The new dispersion of the Jews among the nations is opposed to the OT prophecy of an assemblage on the Zion. Paul has to be converted to this new understanding of diaspora. He abandons the idea of an assemblage of captured Christians in Jerusalem and goes himself as a captive into exile. With his arrival in Rome a new Babylonian captivity of salvation is realized.
196 Karl Matthias Schmidt
spitzt er diese rhetorische Frage zu: Wer könnte Gott wehren (kwluvw,
Apg 11,17), der seinen Willen durch das gleiche Geschenk, das bereits
Juden in Jerusalem und Samaria zuteil geworden war (Apg 2,38; 8,20;
10,45; 11,17), so nachdrücklich zum Ausdruck brachte. Petrus greift
damit indirekt die — wohl ebenfalls rhetorische (9) — Frage des
Äthiopers auf, wodurch ihm angesichts des vorhandenen Wassers
seine Taufe noch verwehrt (kwluvw, Apg 8,36) werden könne. Die
Antwort liegt auf der Hand: Die Initiative des Heiligen Geistes —
pneuma kann sich als Neutrum auf tiv beziehen — steht noch aus und
'
der entscheidenden Geisttaufe vorerst entgegen (10).
Der Äthiopier wird getauft, aber nur mit Wasser, denn das ist
vorhanden, dieser Taufe scheint daher nichts entgegen zu stehen.
Philippus hätte sich aber nicht mit Petrus’ Argumenten vor der
Gemeinde in Jerusalem verteidigen können. Die Wassertaufe der
Heiden nach der Ausgießung des Geistes ist konsequent, die
Wassertaufe vor der Geisttaufe nicht. Anders als Kornelius ergreift der
heidnische Eunuch selbst die Initiative, Philippus lässt sich auf ihn ein,
begeht eine noch nicht vollzogene Grenzüberschreitung und wird
daraufhin hinweggerissen (11). Der Geist lässt ihn jedoch bis zur Taufe
gewähren. Die Wassertaufe als Verheißung, als Zeichen der Umkehr in
Erwartung des nahenden Geistes, scheint daher mindestens in diesem
Einzelfall legitim zu sein (12).
(9) So LINDEMANN, Eunuch, 129.
(10) Anders etwa VON DOBBELER, Evangelist, 120, der von einer impliziten
Negation der Frage ausgeht.
(11) So auch D. DORMEYER, “Acts 8:26-40: Philip Baptizes the Ethiopian:
Narrative and Pragmatic-Linguistic Aspectsâ€, One Text, A Thousand Methods.
Studies in Memory of S. van Tilborg (Hrsg. P. CHATELION COUNET – U. BERGES)
(Biblical Interpretation Series 71; Boston – Leiden 2005) 269. Ob es für den
Geistempfang eine Anbindung von Äthiopien an Jerusalem braucht, scheint
jedoch fraglich. Die Samaritanermission kann für die Äthiopienmission nicht als
Muster dienen, eine Handauflegung müsste eher durch Paulus erfolgen (vgl. Apg
19,6).
(12) Von daher kann der Wunsch des Äthiopiers getauft zu werden zwar mit
Lindemann “implizit als Zeichen seines Glaubens gewertet werdenâ€, LINDEMANN,
Eunuch, 132. Der Glauben wird aber anders als in Apg 10,43-44 nicht durch den
Geist bestätigt. Der Schlüssel der Erzählung liegt wohl auch nicht in der Tatsache,
dass der Äthiopier als Einzelperson vorgestellt wird (131-133). Individuell bleibt
diese Taufe vor allem in ihrer Vorläufigkeit. In seiner Individualität ähnelt der
Äthiopier gar Simon dem Magier, der ebenfalls — allerdings mit anderen Mitteln
— den Geist kontrollieren wollte. Von ihm heißt es ausdrücklich, dass er glaubte,
und auch er wurde getauft (Apg 8,13). Er hielt die Gabe Gottes jedoch für eine
veräußerbare Ware und wurde von Petrus scharf zurückgewiesen, als er