Karl Matthias Schmidt, «Bekehrung zur Zerstreuung. Paulus und der äthiopische
Eunuch im Kontext der lukanischen Diasporatheologie», Vol. 88 (2007) 191-213
Although the baptism of the Ethiopian is merely a baptism with water he can continue on his way to the south to await the power of the Holy Spirit at the ends of the earth. This return to Ethiopia is quasi a converse pilgrimage of the nations.
The new dispersion of the Jews among the nations is opposed to the OT prophecy of an assemblage on the Zion. Paul has to be converted to this new understanding of diaspora. He abandons the idea of an assemblage of captured Christians in Jerusalem and goes himself as a captive into exile. With his arrival in Rome a new Babylonian captivity of salvation is realized.
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überfordert. Bei den Samaritanern konnten die Apostel die
Grenzüberschreitung durch die Handauflegung noch einholen. Bis
dorthin reichte ihre Kompetenz ohne die Bestätigung des Geistes.
Gleichzeitig banden sie Samaria damit an das jüdische Kernland an.
Die Gebiete außerhalb Israels werden jedoch nicht in gleicher Weise
an Jerusalem rückgebunden. Barnabas ist keiner der Apostel und er
kehrt nicht nach Jerusalem zurück. In Antiochia kommt es nicht zur
Handauflegung. Dort wirkt die Hand des Herrn (Apg 11,21), nicht die
Hände der Apostel (Apg 5,12; 6,6; 8,18). Für die Diaspora gelten
andere Gesetze als im Land Israel. Die Sammlung der Heiden ist daher
nicht an Jerusalem gebunden. Der Geist wird auch außerhalb der
Stadtgrenzen ausgegossen. Die Völker müssen nicht nach Jerusalem
ziehen, Israel strömt zu den Völkern, um das Evangelium zu
verkünden, allen voran Paulus (30).
3. Paulus’ Berufung zur gottgewollten Zerstreuung
Kornelius und seine Gefährten werden zwar in Israel zu den ersten
Heidenchristen, an ihnen wird die Heidenmission aber nur narrativ
vorweggenommen. Die systematische Heidenmission setzt in dem
Moment ein, in dem die zerstreuten Anhänger Jesu die Grenzen Israels
hinter sich lassen. Sie ist beinahe von Beginn an mit der Person des
Paulus verbunden (Apg 11,25-26). Zunächst spielen allerdings erneut
destruktive Kräfte im Heilsplan Gottes eine zentrale Rolle. Die
Steinigung des Stephanus und die Verfolgung der Jerusalemer
Gemeinde unter Paulus führen zur Ausbreitung des Glaubens. Wie sich
schon bei Jesu Kreuzigung im Fatalen das glorreiche Schauspiel der
Rettung zeigte (31), so wiederholt sich das Eigentümliche der Wege des
Herrn im Leben der Gemeinden. Die Evangeliumsverkündigung
entfaltet sich unter Leid, Verfolgung und Mord, die Zerstreuung wird
zur Erfolgsgeschichte, zum Motor der Mission. Auf eine paradoxe
Weise fungiert Paulus dadurch von Beginn an als Katalysator des
(30) Von daher ist es stimmig, wenn Lukas seinen Helden als Diasporajuden
aus Tarsos präsentiert (Apg 22,3), für die historische Zuverlässigkeit der Angabe
wird man deshalb kaum anführen können, dass der Evangelist sich bei der Wahl
eines fiktiven Herkunftsortes für Jerusalem entschieden hätte, so etwa JERVELL,
Apostelgeschichte, 542. Damit wird nicht behauptet, dass die Angabe aus Apg
22,3 historisch nicht zuverlässig ist, aber theologisch ließe sich auch eine
Herkunft des Apostels aus der Diaspora gut begründen.
(31) Vgl. Lk 23,48, außerdem P.-G. KLUMBIES, “Das Sterben Jesu als
Schauspiel nach Lk 23,44-49â€, BZ NF 47 (2003) 186-205.