Karl Matthias Schmidt, «Bekehrung zur Zerstreuung. Paulus und der äthiopische
Eunuch im Kontext der lukanischen Diasporatheologie», Vol. 88 (2007) 191-213
Although the baptism of the Ethiopian is merely a baptism with water he can continue on his way to the south to await the power of the Holy Spirit at the ends of the earth. This return to Ethiopia is quasi a converse pilgrimage of the nations.
The new dispersion of the Jews among the nations is opposed to the OT prophecy of an assemblage on the Zion. Paul has to be converted to this new understanding of diaspora. He abandons the idea of an assemblage of captured Christians in Jerusalem and goes himself as a captive into exile. With his arrival in Rome a new Babylonian captivity of salvation is realized.
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Verkündigung aber erteilt hat, einer Verkündigung, der sich Lukas
selbst verpflichtet weiß (21). Das Jesajazitat kehrt die Stoßrichtung
dadurch indirekt um. Die Grenzen der Erde leuchten am Horizont,
noch im zweiten Hauptteil der Apostelgeschichte (22). Der Wagen des
Kämmerers rollt weiter in Richtung Süden, doch die Leserinnen und
Leser verlieren ihn aus den Augen. Sie folgen Philippus bis Cäsarea.
Nachdem Lukas zunächst eine wichtige Personalie abgehandelt und
die Heidenmission programmatisch abgesichert hat, führt der Weg zu
den Grenzen der Erde zunächst nach Norden, nach Antiochia.
Der Evangelist diskreditiert mit der Rückkehr des Eunuchen in
sein Heimatland indirekt die Völkerwallfahrt nach Jerusalem, die sich
aufgrund des Christusereignisses, der fundamentalen Wende im
Heilsplan Gottes, erübrigt hat. Das macht der Erzählverlauf vor dem
Hintergrund der Jesajarolle deutlich, die der Äthiopier in Händen hält.
Denn während nach Jes 43,19-20 der Herr einen Weg durch die Wüste
legt und Wasser fließen lässt, um die Verstreuten nach Jerusalem
zurückzuführen (vgl. auch Jes 35,6-10), findet sich auf dem
Wüstenweg, der von Jerusalem (ajpo; ∆Ierousalhvm) wegführt, plötzlich
Wasser, als Philippus dem Äthiopier die Schrift ausdeutet (Apg
8,26.36). Während im Rahmen der Völkerwallfahrt die Schätze der
Welt in Jerusalem zusammengetragen werden (Jes 60,1-22), kehrt der
Kämmerer der äthiopischen Königin zu den Schätzen des Südens
zurück. Er nimmt den Weg über Gaza, wo die Weihrauchstraße endete
und sich die Waren aus dem fernen Arabien am Mittelmeer stapelten.
Äthiopien selbst liegt zwar fernab der Weihrauchstraße, war aber für
seine Goldvorkommen von alters her bekannt. Das Umland von
Meroë, dem Herrschersitz der Kandake, galt noch Plinius dem Älteren
als goldreich (Plinius, Nat. 6.189). Bei der Aufnahme von Gavza (Gaza)
und gavza (Schatz) in Apg 8,26-27 handelt es sich offenbar um ein
Wortspiel, durch das die Straße nach Süden mit den Reichtümern der
(21) Lk 1,1: dihvghsi". Vgl. auch AVEMARIE, Tauferzählungen, 268. Dabei
verweist ai[retai ajpo; th'" gh'" (Apg 8,33) freilich auch bereits auf Paulus’
Verkündigung (Apg 22,22, vgl. auch Apg 9,8).
(22) J.J. KILGALLEN, “Witness in the Acts of the Apostlesâ€, StMiss 53 (2004)
135, reserviert zwar nur die letzten 16 Kapitel für die Mission bis zu den Rändern
der Erde, kommt mit Blick auf die Begegnung in der Wüste und die Zerstreuung
aber zum gleichen Ergebnis: “With this story of Philip and the Eunuch of Ethiopia
the reader begins to enter on the path of witness to ‘the ends of the earth’ (Acts
1,8). It is ironic that Philip’s witness, like that of many others, occurred because
he and others were persecuted out of Jerusalem (11,19-20)†(148). Vgl. auch etwa
DORMEYER, Philip, 269; MATTHEWS, Philip, 80.