Karl Matthias Schmidt, «Bekehrung zur Zerstreuung. Paulus und der äthiopische
Eunuch im Kontext der lukanischen Diasporatheologie», Vol. 88 (2007) 191-213
Although the baptism of the Ethiopian is merely a baptism with water he can continue on his way to the south to await the power of the Holy Spirit at the ends of the earth. This return to Ethiopia is quasi a converse pilgrimage of the nations.
The new dispersion of the Jews among the nations is opposed to the OT prophecy of an assemblage on the Zion. Paul has to be converted to this new understanding of diaspora. He abandons the idea of an assemblage of captured Christians in Jerusalem and goes himself as a captive into exile. With his arrival in Rome a new Babylonian captivity of salvation is realized.
Bekehrung zur Zerstreuung 199
Offensichtlich konnte er nicht finden, was er suchte, denn er liest
unverständig in der Rolle des Propheten, da ihm in Jerusalem niemand
den Text erläutert hat. Erst Philippus deutet ausgehend vom vierten
Gottesknechtslied das Jesajabuch aus, allerdings in einem neuen
Kontext, nach Meinung des Evangelisten dem einzig möglichen. Das
Futur der Frage im Jesajazitat zielt im Zusammenhang auf den
Verkündigungsauftrag (dihghvsetai, Apg 8,33), umso mehr, als es von
Philippus heißt, dass er seinen Mund auftat (Apg 8,35), nachdem der
Gottesknecht, der seinen Mund selbst nicht auftat (Apg 8,32), von der
Erde weggenommen worden war (20). Ãœber diese interpretierende
Verkündigung vor einem Heiden ist Philippus mit Petrus verbunden,
der wenig später ebenfalls den Mund auftun wird, um seinerseits den
Heiden das Evangelium zu verkünden (Apg 10,34).
Die Frage im Jesajazitat problematisiert nicht nur das Verbleiben
der Apostel in Jerusalem, sie ist auch an den Leser und die Leserin
gerichtet. Wer wird die Verkündigung an die Enden der Erde tragen
(Apg 1,8), da Jesus selbst die Welt verlassen, den Auftrag zur
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“alttestamentlichen Visionen einer universalen proskuvnhsi" der Heiden†aus,
obwohl er einen Zusammenhang mit den alttestamentlichen Belegstellen zur
Völkerwallfahrt nicht grundsätzlich ausschließt (282-285). W.K.L. CLARKE, “The
Use of the Septuagint in Actsâ€, The Beginning of Christianity I: The Acts of the
Apostles II (Hrsg. F.J. FOAKES-JACKSON – K. LAKE) (London 1922) 101, hat den
Äthiopier zu Zef 2,4.11-10 und Zef 3,4.10 in Beziehung gesetzt. Im Kontext des
Jesajabuches ist auch auf Jes 45,14 zu verweisen, die Äthioper respektive die
Kuschiter werfen sich mit ihren Erträgen wie die Ägypter und Sebaiter mittelbar
vor dem Gott Israels nieder (proskunhvsousin). Genau das hatte der
Schatzmeister offenbar vor. Da er als Fremder und als Eunuch vorgestellt wird,
legt gerade das proskunevw nahe, dass Lukas auf die endzeitliche Völkerwallfahrt
anspielt. So auch D. MARGUERAT, “Eine Randfigur der Apostelgeschichte: Der
Eunuch aus Äthiopien (Apg 8,26-40)â€, Randfiguren in der Mitte. Festschrift H.-
J. Venetz (Hrsg. M. KÜCHLER – P. REINL) (Luzern – Freiburg 2003) 94, mit
anderem Akzent VON DOBBELER, Evangelist, 114-117, der die Samaritaner in
Zusammenhang mit den Fremden im Jesajazitat sieht. Das Verb proskunevw kann
jedenfalls nicht allein die Last tragen, den Beamten als Proselyten oder Juden
vorzustellen, was Lukas sonst ausdrücklich erwähnt (vgl. Apg 6,5; 13,6; 18,2.24).
Das gilt umso mehr, als Avemarie, der bezüglich der religiösen Herkunft zuletzt
unentschlossen bleibt (AVEMARIE, Tauferzählungen, 289-290), zugesteht, dass die
“gezwungene Deutung†(65) eines Niederfallens im Heidenbereich möglich
bleibt. Die Spannung zwischen der Beschreibung der Person und der
beschriebenen Handlung verdankt sich eben der Tatsache, dass die Heiden im
Rahmen der eschatologischen Völkerwallfahrt an der Anbetung der Juden
teilhaben sollen.
(20) So auch MARGUERAT, Randfigur, 96-97.