Hanna Stettler, «Die Bedeutung der Täuferanfrage in Matthäus 11,2-6 par Lk 7,18-23 für die Christologie», Vol. 89 (2008) 173-200
Jesus’ messianic self-understanding has been put into question from Bultmann’s day to the present. If he did not think of himself as the Messiah, we would be left with the riddle of a Jesus who never actually said who he claimed to be. However,
Jesus’ reply to the inquiry of John the Baptist in Mt 11,2-6 par is an important clue to his own understanding of his mission. A careful reconsideration of the criteria
for authenticity leads to the conclusion that Jesus claimed to be not simply a prophet announcing the kingdom, but the Messiah who healed and brought good news to the poor, thus doing what in the OT God had promised to do at the end of
time. 4Q521 confirms that ancient Judaism expected this kind of miracle to occur at the time of the Messiah.
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in Wirklichkeit dogmatisch ist und unhistorisch voraussetzt, dass Jesus
... sich in jeder Hinsicht von seiner geschichtlichen Umwelt
unterschieden haben müsse†und ihn “seines Hineingestelltseins in eine
bestimmte geschichtliche Wirklichkeit beraubt†(51). Wir dürfen nach
Kümmel gerade “nicht voraussetzen..., dass kein wesentlicher
Zusammenhang†zwischen Jesus und dem Judentum “und keine
Kontinuität zwischen Jesus und der Urchristenheit bestanden†habe(52).
Wie inzwischen viele Vertreter des sogenannten “Third Quest of the
Historical Jesus†zu Recht insistieren, war Jesus Jude und teilte
selbstverständlich sehr viele Überzeugungen seiner Volksgenossen (53).
Andererseits hatte die Urgemeinde den Anspruch, Jesu Werk
fortzusetzen. Insofern führt das Differenzkriterium historisch in eine
Aporie. Selbst wenn man ihm das Kohärenzkriterium und das Kriterium
der mehrfachen Bezeugung in unabhängigen Quellenschichten an die
Seite stellt, schützt dies nicht davor, dass u. U. wesentliche Elemente aus
der Jesusüberlieferung ausgeklammert und Akzente unzulässig
verschoben werden. Gert Theissen schlägt deshalb in seinem Buch über
die Kriterienfrage vor, dem Unableitbarkeitskriterium das Kriterium der
Kontext- und der Wirkungsplausibilität an die Seite zu stellen: “Je besser
eine Überlieferung in den konkreten jüdischen Kontext passt, um so
mehr hat sie Anspruch auf Authentizitätâ€. Zugleich müsse authentische
Tradition in einem “sinnvollen wirkungsgeschichtlichen Zusammen-
hang mit der Entstehung des urchristlichen, vom Judentum sich
lösenden Glaubens†stehen (54).
(51) KÃœMMEL, “Jesu Antwortâ€, 190.
(52) KÃœMMEL, “Jesu Antwortâ€, 190. Käsemann weist auf dieses Problem im
Anschluss an seine These selbst hin, zieht daraus jedoch keine Konsequenzen.
(53) Hier ist insbesondere auf die Arbeiten von B. F. Meyer, G. Vermes, D.
Flusser, M. Borg, E. Sanders, N. T. Wright, O. Betz, M. Hengel und P.
Stuhlmacher hinzuweisen, die alle auf ihre (recht unterschiedliche) Weise die
Kontinuität zwischen Jesus und dem Judentum hervorheben.
(54) G. THEISSEN, D. WINTER, Die Kriterienfrage in der Jesusforschung
(Göttingen – Freiburg, Schweiz 1997) 215-217. Es geht in dieselbe Richtung,
wenn N. T. WRIGHT (Jesus and the Victory of God [Minneapolis 1996] 131-133)
vorschlägt, das einfache Differenzkriterium durch ein “criterion of double
similarity and double dissimilarity†zu ersetzen. Dabei soll “double similarity†der
Tatsache Rechnung tragen, dass Jesus ein Jude im ersten Jahrhundert war und als
solcher die Entstehung des Christentums hervorgerufen hat. “Double
dissimilarity†dagegen bezieht in die Überlegungen mit ein, dass Jesus von den
meisten Juden seiner Zeit abgelehnt wurde und dass manche Stoffe in den
Evangelien nicht mit der Theologie der frühen Christenheit übereinstimmen und
deshalb nicht durch diese hervorgebracht worden sein können.