Hanna Stettler, «Die Bedeutung der Täuferanfrage in Matthäus 11,2-6 par Lk 7,18-23 für die Christologie», Vol. 89 (2008) 173-200
Jesus’ messianic self-understanding has been put into question from Bultmann’s day to the present. If he did not think of himself as the Messiah, we would be left with the riddle of a Jesus who never actually said who he claimed to be. However,
Jesus’ reply to the inquiry of John the Baptist in Mt 11,2-6 par is an important clue to his own understanding of his mission. A careful reconsideration of the criteria
for authenticity leads to the conclusion that Jesus claimed to be not simply a prophet announcing the kingdom, but the Messiah who healed and brought good news to the poor, thus doing what in the OT God had promised to do at the end of
time. 4Q521 confirms that ancient Judaism expected this kind of miracle to occur at the time of the Messiah.
Die Bedeutung der Täuferanfrage in Matthäus 11,2-6 185
Außerdem falle bei der Aufzählung der Taten Jesu auf, dass die für
Jesus charakteristischen Exorzismen fehlen. Wie Werner Georg
Kümmel in seinem grundlegenden Aufsatz zu unserem Text gegen
Vögtle eingewandt hat, wäre aber ihr Fehlen im Fall einer christlichen
Bildung des Textes mindestens ebenso auffällig wie im Munde
Jesu (47). Im übrigen weist Kümmel darauf hin, dass “der griechische
Text der Aufzählung†nicht “stärker an das griechische Alte Testament
an[klingt], als vom Inhalt her unvermeidlich war†(48). Es deutet also
nichts darauf hin, dass sie aus der LXX in die Erzählung von Mt 11,2-6
eingetragen worden sind.
Vor allem aber ist es methodisch nicht ratsam, wie Vögtle a priori
die Möglichkeit einer Hoheitsaussage im Munde Jesu auszuschließen.
Grundsätzlich ist zumindest mit der Möglichkeit der Authentizität des
Logions zu rechnen (49).
b) Diskussion der Echtheitskriterien
Seit der Kontroverse zwischen Vögtle und Kümmel ist die
Diskussion um die Kriterien für echte Jesustradition weitergeführt
worden.
Das Unableitbarkeitskriterium lautet in der klassischen Form, die
Ernst Käsemann ihm in seinem bekannten Vortrag “Das Problem des
historischen Jesus†gegeben hat: “Einigermaßen sicheren Boden haben
wir nur ... unter den Füßen, wenn ... Tradition aus irgendwelchen
Gründen weder aus dem Judentum abgeleitet noch der Urchristenheit
zugeschrieben werden kann†(50). Dagegen hat bereits Kümmel
eingewendet, dass “dieses Kriterium, trotz seiner historischen Intention
(47) Vgl. W. G. KÃœMMEL, “Jesu Antwort an Johannes den Täuferâ€,
Heilsgeschehen und Geschichte (Hrsg. E. GRÄSSER – O. MERK) (Marburg 1978)
II, 198. Außerdem können die Heilungen auch Exorzismen mit einschließen, wie
etwa die Heilung eines stummen Menschen durch Dämonenaustreibung in Lk
11,14 zeigt.
(48) KÃœMMEL, “Jesu Antwortâ€, 198.
(49) Wenn A. Vögtle für die Unechtheit der Perikope u. a. anführt, dass “die
Gründe, die für die wesentliche Historizität angeführt werden, ... keineswegs
zwingend†sind (Evangelium, 223), setzt er voraus, dass nicht die Unechtheit,
sondern die Echtheit bewiesen werden muss. Doch ist dem Text mit der von W.G.
Kümmel geforderten “kritischen Sympathie†zu begegnen, statt von ihm den
Beweis seiner Echtheit zu fordern: vgl. KÃœMMEL, “Jesu Antwortâ€, 187-188, unter
Bezug auf J.-H. MARROU, Ãœber die historische Erkenntnis. Welches ist der
richtige Gebrauch der Vernunft, wenn sie sich historisch betätigt? (deutsch von
Ch. BEUMANN) (Freiburg 1973) 162.
(50) E. KÄSEMANN, Exegetische Versuche und Besinnungen (Göttingen 1970)
I, 205.