Wolfgang Oswald, «Textwelt, Kontextbezug und historische Situation in Jesaja 7», Vol. 89 (2008) 201-220
The narrative in Isa 7 unfolds a particular scenario in which only the initial verse 7,1 refers to the historical situation of the so-called Syriac-Ephraimitic war. What follows exhibits a completely different situation involving a threat and very
similar to Isa 36-37. Several elements in the narrative in Isa 7 (the way of the fuller’s field, Shear-Yashub, the almah, Immanuel) only make sense within the context of Isa 36-37 and other parts of the book of Isaiah. Isa 7 is a highly intertextual entity that uses older texts to advocate its message of trustfulness in the God of Israel.
Textwelt, Kontextbezug und historische Situation in Jesaja 7 203
Selbst die Gestalt des Propheten Jesaja leidet unter der reduktiven
Inszenierung. Er tritt nur als Ansprechpartner Gottes auf, um dessen
Botschaft einen irdischen Anker zu geben. Schon die Fortführung ab
7,10 impliziert, dass Jhwh seine Botschaft ebenso gut direkt äußern
kann. Umgekehrt ist aber auch Ahas als Person nicht unabdingbar,
denn bekanntermaßen wechselt die Erzählung ständig von einer Du-
Anrede in eine Anrede an ein “Ihrâ€, von “Ahas†zu “Haus David†und
wieder zurück. Zu diesen Auffälligkeiten passt auch, dass in 7,1-2 ein
Satz aus 2 Kön 16,5b fehlt, nämlich “und er [der König von Assur]
belagerte Ahasâ€. Statt dessen lesen wir zweimal die Fügung “gegen
sie†(7,1a: “zum Krieg gegen sieâ€; 7,1b: “gegen sie kämpfenâ€), womit
Jerusalem in den Blickpunkt rückt. Der Empfänger der Botschaft in
der Textwelt wird auf diese Weise entindividualisiert, was
notwendigerweise zur Folge hat, dass die Leser dieser Erzählung als
Empfänger stärker eingebunden werden — zugespitzt gesprochen:
Gott spricht zu den Jerusalemern.
Reaktionen des Textakteurs Ahas bzw. “Haus David†auf die
Worte fehlen, was aber nicht verwunderlich ist, da nicht einmal ihre
Ausrichtung durch Jesaja erzählt wird. Wichtig an Jes 7,3-17 sind
allein die direkten Reden. In ihnen wendet sich der Verfasser, da er auf
eine narrative Einbettung weitgehend verzichtet, sehr direkt an seine
Leser.
2. Zum Eingangsteil Jes 7,1-2
Betrachten wir nun den Eingangsteil der Erzählung, indem wir uns
von hinten nach vorne zurücktasten. In 7,2 wird ebenfalls eine Rede
mitgeteilt, aber wiederum ohne Angabe der näheren Umstände. Das
Passiv dgwyw verschleiert, wer der Sprecher ist, es handelt sich wohl um
eine höfische Formel (vgl. 2 Kön 8,7). Als Empfänger wird eine
impersonale Größe genannt: das Haus David, das in wörtlichem Sinne
überhaupt gar kein Gesprächspartner sein kann. Auf die Mitteilung hin
geschieht aber auch nichts äußerlich Wahrnehmbares, vielmehr wird
die innere Erregung der Empfänger geschildert (7,2b), wobei
bemerkenswert ist, dass unter diesen neben dem König auch das Volk
genannt wird. Wie das Volk informiert wurde, wird nicht gesagt, es
spielt keine Rolle. Ãœberhaupt kommt das Volk als expliziter Textakteur
nur hier vor, sein Umgang mit der Furcht wird auf Erzählebene nicht
abgehandelt. Die Einführung des Volkes muss daher textpragmatische
Gründe haben: Das innerlich zitternde Volk bietet eine
Identifikationsmöglichkeit für die intendierten Leser.