Lukas Stolz, «Das Einführen des Erstgeborenen in die 'oikoumene' (Hebr 1,6a)», Vol. 95 (2014) 405-423
The meaning of the firstborn's ei)vsagwgh/ into the oi)koume/nh in Hebrews 1,6a is greatly disputed. Proposed interpretations are the presentation of the Son after the creation, his incarnation, his baptism, his exaltation and his parousia. The arguments seem to speak for the lastmentioned and against the currently very popular exaltation reading.
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promise”). In Hebr 1,6a sei nun das se durch prwto,tokon ersetzt
worden, wobei aber weiterhin der Gedanke der Einführung der Is-
raeliten in das verheissene Land im Hintergrund stehe; denn Israel
sei ja der alttestamentliche Erstgeborene von Jahwe (vgl. Ex 4,22).
Mit dem Gebrauch von oivkoume,nh anstatt gh/ betone der Hebr, dass
das verheissene Land eine “terre habitée et cultivée” im Gegensatz
zur Wüste sei (vgl. Ex 16,35). Das ergänzte pa,lin seinerseits lege
die Betonung auf eine zweite Einführung des Erstgeborenen, insofern
die “préfiguration” (= die Einführung des Volkes Israel ins Land
Kanaan) “son accomplissement par l’exaltation du Christ” erhalte.
Zusammenfassend sagt Andriessen, dass der Autor “le vocabulaire
classique” benutze, “pour l’appliquer à ce qui en est la réalité définitive:
l’introduction du Premier-né de Dieu au ciel, la terre que Dieu nous
a finalement promise et qui est notre oikoumenè pour toujours” 32.
Zuletzt sei noch die Bedeutung von prwto,tokoj als Argument
für die Interpretation von Hebr 1,6a im Zusammenhang mit der Er-
höhung bzw. Inthronisation erwähnt. Für Grässer ist prwto,tokoj
kein “sachgemässer Titel für den am Ende der Tage wiederkommenden
Menschensohn-Weltenrichter und -Retter”, wohl aber für den erhöhten
Christus im Blick auf seine “Allerbschaft” (Hebr 1,2) und sein Sein
als “Vorläufer” (6,20) seiner Brüder (2,11), “denen er durch seine
Erhöhung den Weg aus der Knechtschaft bahnt” (mit Verweis auf
2,15; 4,14; 5,9 und 6,20) 33.
Die Argumente für die Erhöhungsthese sind gewichtig und
bedürfen einer ausführlichen Untersuchung, die allerdings erst nach
der Besprechung der Parusiethese vorgenommen wird.
5. Die Parusie
Die Interpretation des Einführens des Erstgeborenen als die
Wiederkunft/Parusie Christi vertreten in der alten Kirche u. a. Gregor
von Nyssa und Hieronymus 34, im 19. Jh. unter vielen anderen
z. B. DeWette und Delitzsch 35 und in der neueren Forschung u. a.
32
Vgl. ANDRIESSEN, “La Teneur”, 299.
33
Vgl. GRÄSSER, Hebräer, 78.
34
Vgl. HUGHES, Hebrews, 58.
35
Vgl. W.M.L. DEWETTE, Kurze Erklärung der Briefe an Titus, Timotheus
und die Hebräer (Leipzig 21847) 181; F. DELITZSCH, Commentar zum Briefe
an die Hebräer (Leipzig 1857) 24-25.