Lukas Stolz, «Das Einführen des Erstgeborenen in die 'oikoumene' (Hebr 1,6a)», Vol. 95 (2014) 405-423
The meaning of the firstborn's ei)vsagwgh/ into the oi)koume/nh in Hebrews 1,6a is greatly disputed. Proposed interpretations are the presentation of the Son after the creation, his incarnation, his baptism, his exaltation and his parousia. The arguments seem to speak for the lastmentioned and against the currently very popular exaltation reading.
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des Sohnes enthüllen” 42. Riggenbach sieht in der Konstruktion
o[tan mit Konjunktiv Aorist (eivsaga,gh|), die “nur” die Bedeutung
eines futurum exactum haben könne, ein weiteres gewichtiges Ar-
gument für die in der Zukunft liegende Parusie 43.
Auch die Argumente für die Parusie als Zeitpunkt der Ein-
führung Jesu in die oivkoume,nh bedürfen einer genaueren Analyse,
die im Folgenden unternommen wird.
II. Die Auswertung
1. Die Frage nach dem futurum exactum
In der Auswertung der Argumente für bzw. gegen die Erhöhungs-
bzw. die Parusiethese soll mit dem zuletzt genannten Argument von
Riggenbach begonnen und gefragt werden: Ist o[tan mit eivsaga,gh|
grammatikalisch zwingend futurisch zu verstehen, und wenn ja,
was beweist das? Nach Blass/Debrunner/Rehkopf steht o[tan mit
Konjunktiv, “wenn eine Handlung in der Zukunft liegt (Eventualis),
oder wenn eine Handlung häufig wiederkehrt (Iterativus)” 44. Gegen
eine iterative Sinnrichtung in Hebr 1,6 spricht erstens, dass o[tan
mit Konjunktiv Aorist “meist” ein Eventualis ist 45. Nach meinen
Untersuchungen ist die Konstruktion o[tan mit Konjunktiv Aorist
in 22 Fällen (von Apg bis Offb 46) 19-mal eindeutig futurisch zu
verstehen 47; dazu kommt, dass die drei Ausnahmen (1 Kor 15,27;
Tim 5,11; Offb 5,9) gemäss dem Kontext immer im Sinne einer all-
42
Vgl. RISSI, Theologie, 53.
43
Vgl. RIGGENBACH, Hebräer, 18-19.
44
Vgl. F. BLASS – A. DEBRUNNER – F. REHKOPF, Grammatik des neutesta-
mentlichen Griechisch (Göttingen 151979) §382,3.
45
Vgl. E. HOFFMANN – H. v. SIEBENTHAL, Griechische Grammatik zum
Neuen Testament (Basel 21990) §276a.
46
In den Evangelien hat die Konstruktion o[tan mit Konjunktiv Aorist
auch meistens einen klar futurischen Sinn (vgl. z. B. Mt 5,11; Mk 2,20; Lk
9,26; Joh 4,25); hie und da, vor allem in den Gleichnissen Jesu, ist sie zu-
mindest nach unserem Sprachgefühl nicht eindeutig futurisch (vgl. z. B. Mt
13,32; Mk 4,29; Lk 8,13).
47
Vgl. Apg 23,35; Röm 11,27; 1 Kor 16,2.3.5.12; 15,24.28.54; 13,10;
2 Kor 10,6; Kol 3,4; 4,16; Tit 3,12; Offb 11,4; 12,4; 17,10; 18,9; 20,7. In 1 Tim
5,11 kann die Konstruktion sowohl futurisch als auch iterativisch verstanden
werden, in Offb 9,5 eher nicht und in 1 Kor 15,27 klar nicht futurisch.