Ulrich Schmidt, «Zum Paradox vom 'Verlieren' und 'Finden' des Lebens», Vol. 89 (2008) 329-351
Jesus’ paradox of losing and finding one’s life is well attested. According to its contexts, interpreters relate the logion predominantly to martyrdom and death. But a closer look reveals that this word is an assertion in favour of life which functions as a maxim of Jesus’ teaching and view of life. It is the context many of his sayings and behavorial patterns. The issue of a 'recompense' after death is merely a consequence of the original intention.
Zum Paradox vom “Verlieren†und “Finden†des Lebens 341
par); ferner fordert er zur Neugewichtung der sozialen Beziehungen
heraus: “Wer Vater und Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht
wert†(Mt 10,37 par).
Kein Wunder also, dass die Jünger eines Tages eine Art Standort-
bestimmung vornehmen und dass Petrus Jesus anspricht: “Siehe, wir
haben alles verlassen, und sind dir nachgefolgt†(Mk 10,28b). Sie haben
Satz (2a) — wie Jesus — realisiert und wollen wissen, wohin das führt
bzw. wie es um Satz (2b) steht. Matthäus lässt Petrus folgerichtig
fortfahren: “Was wird uns dafür gegeben?“ (Mt 19,27c) Und Jesus
antwortet ganz im Sinne des Paradoxons: “Wer Haus, Brüder,
Schwestern, Vater, Mutter, (Kinder), Äcker verlässt†(so die Aufzählung
bei Mk und Mt), “der wird dafür ‘hundertfach empfangen’†(Mt 19,29;
Mk 10,30) bzw. “vielfach empfangen†(Lk 18,30), und zwar “in dieser
Zeit†(Mk 10,30; Lk 18,30) sowie in “der zukünftigen Welt das ewige
Leben†(Mk 10,30; Lk 18,30). “Here the material reward comes prior to
eternal life†(57). Die Differenzen, die hier zwischen den Synoptikern
bestehen (58), sind in der Sache, die wir zu bedenken haben, zu
vernachlässigen. Allenfalls die Tatsachen, dass sich bei Mt die
Präzisierung “in dieser Zeit†nicht findet und er — wie Lk — auf eine
detaillierte Aufzählung der Vergütungen verzichtet, könnten als
Verlagerung des Zugesagten ins Jenseits verstanden werden (59). Doch
entspricht auch die kürzere mt Fassung “der wird’s hundertfach
empfangen und das ewige Leben ererben†der zweigliedrigen Antwort
bei Mk und Lk, die offensichtlich eine Aufzählung im Sinne eines
Nacheinanders von “schon hier†und “dereinst†formuliert.
In der Einschätzung der Historizität des hier im Jesus-Stoff
begegnende Ausblicks gibt es große Unterschiede (60); mehrheitlich
jedoch wird eine Kompensation, die sich bereits in diesem Leben zu
(57) SANDERS, The Historical Figure of Jesus, 173; m.E. resultiert daraus aber
nicht — wie SANDERS (ebd., 173, 189-190 annimmt —, dass “society will be
reorganized so that Jesus’ followers ... will have substantial posessionâ€, sondern,
dass sich der diesseitige Ausgleich innerhalb der Jesusbewegung vollzieht.
(58) Lk hat “vielfach†statt “hundertfachâ€, Mt und Lk verzichten auf eine
Präzisierung dessen, was in dieser Welt zu erwarten ist, die e{neken-Präzisierung
variiert bei allen drei (Mt: “um meines Namens willenâ€, Mk: “um meinetwillen
und um des Evanngeliums willenâ€, Lk “um des Reiches Gottes willenâ€) und die
Aufzählung des zu Verlassenden variiert leicht.
(59) So jedenfalls LOHMEYER, Matthäus, 289-290.
(60) BULTMANN, Synoptische Tradition, 115, nimmt an, es sei nur eine
jenseitige Kompensation im Blick. Dagegen optiert “The third Quest†— vgl. nur
FUNK, Honest to Jesus, 215 — eine Erfüllung “here and nowâ€.